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Alexander Braun: Staying West

2014 erschien mit Going West: Der Blick des Comics Richtung Westen ein bemerkenswerter Bildband, der zugleich Katalog einer Wanderausstellung war. Auf 430 Seiten beschäftigte sich Alexander Braun in Kapiteln wie Krazy Desert Kat, Tim in Amerika oder Mad Mad West mit der Geschichte der Besiedelung des nordamerikanischen Westens auf Kosten der Ureinwohner.

Nachdem er sich zwischendrin im Jahrestakt in weiteren Büchern und Ausstellungen u. a. mit Winsor McCay, Anime, Will Eisner, Horror im Comic oder den Katzenjammer Kids beschäftigt hatte, kehrt Braun in den Wilden Westen zurück. Sein neues Buch heißt Staying West und bietet Braun die “Gelegenheit, das Panorama von damals zu vervollständigen und angesichts der aktuellen Indianer- und Kulturellen-Aneignungs-Debatten einen neuen, kritisch geschärften Blick auf die Gattung zu werfen“.

So geht es auch im zweiten Western-Buch um James Swinnerton, der in den 20er-Jahren die Leser des Magazin Good Housekeeping durch die Serie Canyon Kiddies mit dem Leben und den Ritualen von Hopi-Indianern vertraut machte. Dies geschah ohne eine weiße Identifikationsfigur und ohne Überheblichkeit. Braun merkt an, dass aus heutiger Sicht leicht kritisiert werden kann, dass sich hier “ein weißer Zeichner einen indigenen Schauplatz aneignet, um damit in der Zeitschrift eines weißen Mannes zu einem weißen Publikum zu sprechen.“

Doch “es gab 1922 keine großen Publikumsmagazine eines indigenen Verlegers für ein indigenes Publikum. Es gab nicht einmal Zeichner mit indigenen Wurzeln“. Daher wäre die Alternative zu Swinnertons Serie, dass “überhaupt nicht über indianische Kultur geredet worden wäre.“ An anderer Stelle in diesem Buch schreibt Braun: “Wenn an die Stelle einer vermeintlich falschen Darstellung eine Gar-nicht-mehr-Darstellung tritt, ist dem Problem wenig gedient.“

Daher lohnt es sich genau hinzusehen, und es ist bemerkenswert, was Braun entdeckt hat. So beschäftigt er sich mit einem Disney-Comic von Carls Barks, der bei uns unter dem Titel Onkel Dagobert – Im Lande der Zwergindianer bekannt ist. Dabei fiel ihm auf, wie sensibel sich Barks hier mit indigener Kultur beschäftigt hat und wie wenig davon in der deutschen Übersetzung von Erika Fuchs übriggeblieben ist. Ganz anders als im Original wollen hier etwa Tick, Trick und Track gerne ein paar der “Zwergindianer“ mitnehmen, wozu Braun anmerkt: „Hagenbecks Völkerschauen lassen grüßen.“

Braun schreibt sogar: “Schlechter als Fuchs kann man den Originaltext kaum übersetzten.“ Das trifft sicher nicht auf die komplette und beachtliche Lebensleistung von Erika Fuchs zu. Doch anstatt – wie es aktuell geschieht – an den “heiligen“ Fuchs-Texten im Sinne von aktuellen Empfindlichkeiten herumzubasteln, wäre es der deutschen Comickultur förderlicher, wenn sich Neuübersetzung ausschließlich am Original von Carl Barks orientieren würden.

Auch ansonsten ist der beklagenswerte Zustand der deutschen Comickultur ein Leitmotiv von Braun zweiten Western-Buch. Wohl auch wegen ihrer mangelnden Qualität fanden im ersten Band in Deutschland entstandene Comics keine Berücksichtigung. Doch wenn es diesmal auch um die Karl-May-Comics, Hansrudi Wäscher oder die deutschen Bearbeitungen der Bessy– oder Silberpfeil-Hefte geht, dann fällt das gut begründete Urteil von Braun über die Produzenten vernichtend aus: “Von Walter Lehning über Rolf Kauka bis Gustav Lübbe: Niemand hatte Kenntnisse vom Comic-Machen, geschweige denn von der Comic-Historie. Alle wollten lediglich etwas verkaufen, für das offensichtlich eine Nachfrage bestand.“

Doch es gibt Hoffnung. Sehr ausführlich lobt Braun Zarter Schmelz, die großartige Lucky-Luke-Hommage von Ralf König. Durch sein neues opulent bebildertes Buch zeigt Alexander Braun mit klugen Analysen und kompetenten Erläuterungen zu den zahlreichen Abbildungen einmal mehr, dass es um die deutsche Comickultur nicht ganz so schlecht bestellt ist.

Heiner Lünstedt

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Prinz Eisenherz: Excalibur

1994 startete Marvel eine vierteilige Prinz-Eisenherz-Serie, die sich nur sehr lose an dem auch heute noch im Wochentakt erscheinenden Zeitungscomic orientiert.

Bereits 1954, im Windschatten der Eisenherz-Verfilmung mit Robert Wagner, brachte der Dell Verlag in Eigenregie und ohne Mitwirkung von Hal Foster einige Comichefte heraus, die bei uns von Bocola als Sonderbände veröffentlicht wurden. Dort wird jetzt ebenfalls die Marvel-Serie im Großformat von 23 x 32 cm und als Ergänzung zur optimal aufgemachten Eisenherz-Gesamtausgabe herausgebracht.

Cover von Michael Kaluta

Der von Bocola gewählte Titel “Excalibur“ passt recht gut, denn einer der Gründe für Marvels Interesse an dem Rittercomic dürfte John Boormans gleichnamiger Kinoerfolg gewesen sein. Auf der Webseite von Bocola ist ein Interview mit dem britischen Zeichner John Ridgway zu finden, in dem dieser erzählt, dass „die einzige konkrete Anweisung, die ich von dem Redakteur bei Marvel bekam, war, dass die Rüstung aussehen sollte wie im Film.“

Zeichnung von John Ridgway

Ridgway fügt noch hinzu: „Allerdings ist der im Film gezeigte Plattenpanzer aus dem 15. Jahrhundert und Fosters Eisenherz spielt im 6. Jahrhundert. Insofern fand ich diese Vorgabe etwas seltsam. Dieser zuständige Redakteur verließ das Projekt, nachdem ich mit der Arbeit am ersten Buch begonnen hatte, so dass es zu spät war, über eine Überarbeitung der Rüstung nachzudenken.“

Farben von Curtis Woodbridge

John Ridgways Zeichnungen mit denen von Hal Foster wäre unfair, da die Marvelserie für ihn und alle Beteiligten in erster Linie ein Job zum Broterwerb und keine Selbstverwirklichung war. Dennoch ist hier sehr viel mehr kreativer Idealismus im Spiel als bei den schlichter gestrickten Dell-Heften. Das Konzept der Eisenherz- Miniserie stammt von Charles Vess, der auch als Fantasy-Künstler und Comiczeichner tätig ist. Vess steuerte zu den Marvelheften einige Illustrationen bei und orientierte sich bei der inhaltlichen Ausrichtung an einem der bekanntesten literarischen Werke über König Arthur.

Illustration von Charles Vess

T. H. Whites Roman Der König auf Camelot (The Once and Future King) von 1958 inspirierte den Disneyfilm Die Hexe und der Zauberer und das Musical Camelot. Vess übernahm von White für die vier Marvel-Comics die Kapitel-Überschriften The Sword in the Stone, The Queen of Air and Darkness, The Witch in the Wood und The Ill-Made Knight.  Dies ist zwar etwas unlogisch, denn während Whites Buch mit der Jugend von Arthur beginnt, fängt der Comic mit dessen Ende an.

Bocolas bereits vergriffene Vorzugsausgabe

Dennoch entstand ein inhaltlich ansprechender Fantasy-Comic, der sich einige Freiheiten im Umgang mit Fosters Eisenherz nimmt. Details hierzu liefert das interessante Vorwort von Uwe Baumann. Für diese Veröffentlichung spricht auch die im Vergleich zur Carlsen-Ausgabe von 1995 sehr viel bessere Druckqualität, in der die teilweise wirklich beeindruckenden Zeichnungen von John Ridgway und die detvon allen typographischen Ballast befreiten Titelbilder von Michael Kaluta zum Abdruck kommen.

Heiner Lünstedt

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Bastien Vivès: Letztes Wochenende im Januar

Wer sich in Frankreich für Comics interessiert, dem dürfte sofort klar sein, auf was Bastien Vivès (Für das Imperium, Polina, Corto Maltese: Schwarzer Ozean) mit dem Titel Letztes Wochenende im Januar anspielt. Zu diesem Zeitpunkt findet alljährlich in Angoulême das größte europäische Comicfestival statt.

Dies ist ein Pflichttermin für den Zeichner Denis Coupin, der dort signiert und versucht seine Originalseiten zu verkaufen. Denis ist eine feste Größe in der französischen Comiclandschaft. Künstlerisch ist er seinem Autor ausgeliefert, denn so wie es aussieht, wird er die nächsten Jahre damit verbringen, die Alben der neunteiligen Serie Operation Hitler zu zeichnen.

Fast schon mechanisch absolviert Denis seinen Aufenthalt in Angoulême. Er checkt im Hotel ein, bricht zu seinem ersten Signiertermin auf und nickt Bekannten aus der Branche zu. Der Zeichner ist nicht unglücklich, dass er sich den letzten Festivaltag ersparen kann, um stattdessen die Verlobung seines Sohnes zu feiern.

Doch plötzlich steht Vanessa an seinem Stand und möchte eine Zeichnung von ihm. Coupin ist ein wenig enttäuscht, als sie zugibt, dass das Bild für ihren Mann Marc ist, der in einer anderen Signierschlange steht. Vanessa fragt, ob ihr Verhalten für Denis nicht unhöflich und verletzend ist. Der Zeichner entgegnet: “Sie sind mir als Gegenüber lieber als ihr Mann.“

Vor dem Hintergrund des realitätsnah eingefangenen Festivaltreibens erzählt Bastien Vivès in schwarzweißen Blidern, die häufig ohne große Worte auskommen, davon wie Denis immer wieder auf Vanessa und Marc trifft. Letzterer ist so begeistert davon die vielen prominenten Zeichner zu treffen, dass er nichts dagegen hat, wenn sich Denis ein wenig um Vanessa kümmert.

Diese macht das Festival ein bisschen traurig, da ihrer Meinung nach Comics etwas für “große Jungs mit Blessuren sind.“ Denis stimmt dem zu und bricht mit Vanessa zu einem abgelegenen Club auf, den ihm ein junger Zeichner empfohlen hat. Als die Beiden dort immer ausgelassener tanzen, erhalten sie danach von einem jungen Mädchen noch ein ungewöhnliches Kompliment: “Ich finde Euch beide einfach goldig, ihr seht irgendwie aus wie Vintage aus den 70ern.“

Es ist großartig wie Vivès die Gefühl von zwei Menschen einfängt, die sich einfach einmal abseits des Alltagstrotts gehen lassen und wieder jung sein wollen. Auch wenn sie ihre Abreise noch ein wenig verschieben, wird die Sache mit Denis und Vanessa wahrscheinlich keine Zukunft haben, doch für eine Weile ist ihre Gegenwart großartig. Bastien Vivès setzt die scheinbar unspektakuläre Geschichte so mitreißend in Szene, dass die 180 Seiten in Windeseile verschlungen sind und der Comic noch lange nachhallt.

Heiner Lünstedt

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Stephen King: Der Werwolf von Tarker Mills

Stephen King ist als Verfasser von Vorworten mindestens ebenso großartig wie als Romanautor. Auf den ersten Seiten dieses Buchs beschreibt er äußerst amüsant, warum Cycle of the Werewolf 1979 als Kalender mit Bildern des Comiczeichners Bernie Wrighton (Swamp Thing, The Stand) konzipiert wurde.

Daher sind die ersten sechs in den Monaten Januar bis Juni spielenden Kapitel recht kurz geraten. King beschreibt darin, wie es im Bereich des fiktiven Städtchen bei Vollmond zu brutalen Morden kommt und die Polizei vermutet, dass es sich um einen Serienmörder handelt.

Cover der US-Erstausgabe von 1983

King hoffte zunächst die Geschichte in zwölf Tagen fertigzustellen, da lediglich fünfhundert Worte pro Kapitel vorgesehen waren. Doch ihn kamen immer andere Aufträge dazwischen und so richtig in Fahrt kam er erst, als er damit anfing zu erzählen, wie die Stadtverwaltung von Tarker’s Mills wegen der Morde das Feuerwerk zum Unabhängigkeitstag verboten hatte.

Der im Rollstuhl sitzende 10-jährige Marty Coslaw wollte am 4. Juli dennoch einige Raketen abfeuern und den Werwolf (mit einem Feuerwerkskörper) traf. Die Geschichte des kleinen Marty, der sich so sehr auf den Unabhängigkeitstag gefreut hatte, brachte King dazu in Kapitel 7 weit mehr als fünfhundert Worte zu schreiben.

Dadurch wurde aus dem Kalender (auch dank der Illustrationen von Wrightson) ein knapp 130-seitiges Buch, das 1983 erschien. Bei uns kam es zwei Jahre später unter dem Titel Das Jahr des Werwolfs heraus. Zu dieser Zeit kam mit Silver Bullet auch eine Verfilmung des Buchs in die Kinos, dessen Drehbuch von King stammt.

Cover der deutschen Erstausgabe von 1985

Aktuell hat sich der Splitter Verlags der Geschichte noch einmal angenommen. Dort ist auch eine gebundene Neuausgabe der von Bernie Wrighton gezeichneten Comicadation des von Stephen King geschriebenen Films Creepshow erschienen.

Auch Der Werwolf von Tarker Mills erscheint im Überformat und das Buch ist jetzt doppelt so groß wie die alte Ausgabe von Bastei Lünne. Dies bekommt den Illustrationen von Wrightson sehr gut. Dieser hat zu jedem der zwölf Kapitel eine farbige Illustration, eine schwarzweiße Landschaftsillustration im Holzschnittstil und eine aussagekräftige Vignette beigesteuert. Die ebenfalls recht gruselige Werwolfspranke auf dem Cover hingegen stammt von Splitter-Boss Dirk Schulz.

Heiner Lünstedt

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Hayao Miyazaki: Shunas Reise

Angesichts der Popularität von Hayao Miyazaki und seinen Studio-Ghibli-Filme wie Chihiros Reise ist es erstaunlich, dass dieser bemerkenswerte Comic erst jetzt bei uns veröffentlicht wird. In Japan erschien Shunas Reise bereits im Juni 1983.

Zeitgleich zeichnete Miyazaki an seinem tausendseitigen Manga-Epos Nausicaä aus dem Tal der Winde, dessen Verfilmung 1984 in den Kinos kam. Der internationale Erfolg des Films ermöglichte es Miyazaki das Studio Ghibli zu gründen.

Die wunderschön in Aquarellfarben kolorierte Fantasygeschichte Shunas Reise ist eher ein Bilderbuch mit Comicelementen als ein Manga. Basierend auf einem tibetanischen Volksmärchen erzählt Miyazaki von Prinz Shuna, der aufbricht um eine geheimnisvolle sehr fruchtbare Getreidesorte zu finden. Damit will er seinem hart arbeitenden Bauernvolk das Leben erleichtern.

Shuna besteigt sein Jakkul, ein Reittier mit Hörnern, das später in ähnlicher Form in Prinzessin Mononoke vorkommen wird. Auch viele weitere Elemente des Comics wirken wie eine Vorschau auf die Studio-Ghibli-Filme. So gibt es mit der tatkräftigen Thea eine starke weibliche Hauptfigur. Außerdem geizt Miyazaki in seiner Geschichte nicht mit mystischen Elementen, die unerklärbar bleiben und er mutet seinen niedlich aussehenden Hauptfiguren ganz schön brutale Strapazen zu.

Reprodukt veröffentlicht Shunas Reise zum fairen Preis in einem schönen Hardcoverband in japanischer Leserichtung. Als Anhang gibt es einen sehr aufschlussreichen Text des Anime-Experten Alex Dudok de Witt. Diese Veröffentlichung dürfte allen Freunden des Studio Ghibli viel Freude bereiten.

Heiner Lünstedt

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Batman vs. Spawn

Das 1990 vom Kanadier Todd McFarlane (Savior) gezeichnete und getextete Heft Spider-Man # 1 wurde 2,5 Millionen Mal verkauft. Danach verließ McFarlane Marvel und zog sein eigenes Ding durch. 1992 gelang ihm das Kunststück eine eigene Serie erfolgreich beim von ihm mit gegründeten Label Image zu starten. Titelheld Spawn war der aus der Hölle zurückgekehrte Ex-Söldner Al Simmons.

Bereits zwei Jahre später traf Spawn in gleich zwei bemerkenswerten Crossover-Comics auf den wohl populärsten Superhelden. Da es aktuell zu einer dritten Begegnung zwischen Spawn und Batman gekommen ist, feiert Panini in großformatigen Hardcover-Ausgaben die optisch sehr ansprechenden Konfrontationen der beiden Comicikonen.

Auf 333 Exemplare limitierte Variantausgabe

Mit Abstand am gelungensten ist das erste Crossover, das jetzt bei Panini den Titel Nacht über Manhattan trägt. McFarlane brachte den Comic in seinem beeindruckenden explosiven Zeichenstil zu Papier und Steve Oliff steigerte die Wirkung der Bilder noch durch die passende Farbgebung. Die Geschichte schrieb kein geringerer als Frank Miller, dem acht Jahre zuvor mit The Dark Knight Returns der auch heute noch beeindruckendsten Batman-Comic gelang.

Die Story von Nacht über Manhattan reist zwar keine Bäume aus, funktioniert jedoch sehr viel besser als die sehr viel schwächer konstruierten Geschichten der danach veröffentlichten Crossovers. Nachdem Batman in Gotham eine seltsame Begegnung mit einem Cyborg hatte, verschlägt es ihn nach New York. Dort muss er zunächst gegen Spawn kämpfen, bevor das Duo gemeinsam gegen die vermeintliche Wohltäterin Dr. Margaret Love antritt.

Die Dame betreibt unter dem Label Heal The World eine Suppenküche, verfolgt damit jedoch finstere Pläne, die alles andere als karikativ ist. Die Story wird angemessen spannend erzählt, doch sehr viel interessanter als der Kampf gegen Frau Love und ihre Schergen, sind einige kurze erinnerungswürdige Momente.

So gibt es am Anfang eine schöne Szene in der Bathöhle. Als Bruce Wayne dort nach einem anstrengenden Einsatz vom Butler Alfred verarztet wird, redet dieser immer noch im Batman-Sprech: “Ich habe keine Alpträume, ich verursache sie!“ Alfred entgegnet cool: “Ihre Drohungen sind überflüssig, Sir. Sie sind unter Freunden.“

Großartig ist auch das Schlussbild, das deutlich belegt, dass Batman keineswegs bereit, ist das Kriegsbeil mit Spawn zu begraben, da er stattdessen einen Batarang in das verbrannte Gesicht von Al Simmons geworfen hat.

Während Nacht über Manhattan bei Image veröffentlicht wurde, erschien nahezu zeitgleich bei DC ein zweites Crossover. Dämonenfluch ist keine Fortsetzung, sondern erzählt eine eigenständige Geschichte, die recht vielversprechend beginnt.

Aufhänger ist die Geschichte von Virginia Dare der angeblich 1587 als erstes englisches Kind in jener Neuen Welt geboren wurde, die heute USA genannt wird. Doch Virginia verschwand unter immer noch ungeklärten Umständen zusammen mit allen Bewohnern der Siedlung Roanoke. An einem Baum wurde das Wort Croatoan vorgefunden.

Auf den ersten beiden Seiten von Dämonenfluch fasst der deutschstämmige Zeichner Klaus Janson, der Frank Millers The Dark Knight Returns inkte, die Legende von Virginia Dare kunstvoll zusammen.

Doch was das erfahrene Autorentrio Doug Moench, Chuck Dixon und Alan Grant, die zuvor noch bei der Batman-Storyline Knightfall brillierten, aus der Ausgangssituation herausholen, ist nicht wirklich überzeugend.

Batman war Zeuge als der Immobilienhai Simon Vesper einem Anschlag zum Opfer fällt. Der Attentäter war Al Simmons, der nach seinem Tod nach Gotham als Spawn zurückkehrt. Dort erheben sich Vesper und weitere Leichen sich aus ihren Gräbern…

Auf 333 Exemplare limitierte Variantausgabe

Das schöne Artwork von Janson, der zusammen mit Steve Buccellato auch für die Farben zuständig war, kommt in der neuen Hardcover-Ausgabe bestens zur Geltung. Panini präsentiert den Comic jedoch mit einem von Todd McFarlane und Greg Capullo gezeichneten Titelbild, während das Originalcover von 1994 eine auf 333 Exemplare limitierte Variantausgabe ziert.

Reguläre Ausgabe

2022 startete mit Todeszone Gotham ein weiteres Crossover. Als Autor fungierte Todd McFarlane und für das Artwork war Greg Capullo zuständig.

Variant A

Dieser ist die Idealbesetzung für den Job, denn er zeichnete Spawn ab 1993 und die reguläre Batman-Serie ab 2023.

Variant B

Zusammen mit dem Autor Scott Snyder erfand er die Geheimloge Rat der Eulen, die McFarlane auch in sein Crossover einbaute.

Variant C

Capullos originell layoutetes Artwork und Dave McCraigs Farben können voll überzeugen.

Variant D

Dies gilt leider nicht für McFarlanes Story, die nach 46 Seiten kein Ende findet und Parallelen zwischen der Ermordung von Bruce Waynes Mutter Martha und Al Simmons Gattin Wanda zieht.

Variant E

Panini veröffentlich diesen Comic zusätzlich auch in Form von fünf auf 333 limitierten Variantausgaben mit verschiedenen Titelbildern und auch die reguläre Ausgabe enthält im Anhang noch zehn weitere alternative Titelbilder.

Heiner Lünstedt

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Swamp Thing: Das Vermächtnis des Grüns

2020 startete DC eine neue Serie mit Swamp Thing, in der ein indischstämmiger Charakter zum Ding aus dem Sumpf wird. Diese Reihe sollte ursprünglich nach zehn Heften ihren Abschluss finden, wurde jedoch erst im Oktober 2022 mit Ausgabe 16 beendet.

Panini veröffentlicht diese Hefte unter dem Titel Swamp Thing: Das Vermächtnis des Grüns in einer schönen leicht überformatigen 400-seitigen Hardcoveredition, die allerdings knapp 70 Euro kostet. Lohnt sich die Anschaffung?

Für Fans des 1971 von Len Wein und Bernie Wrightson geschaffenen tragischen grünen Monsters, die Panini in den letzten Jahren mit großartigen Editionen der von Len Wein und der von Alan Moore geschriebenen Swamp-Thing-Comics verwöhnt hat, kann die Frage nur bejaht werden.

Einige der Variantcover stammen von Brian Bolland!

Der in Mumbai geborene Autor Ramnarayan Venkatesan alias Ram V verknüpft seine Erzählung darüber, wie der in New York lebende Inder Levi Kamei zum Avatar der Pflanzenwelt wird, mit einem Familienkonflikt. Der Vater und der Bruder von Levi, sind keinesfalls damit einverstanden, dass dieser für einen US-Konzern arbeitet, der im großen Maßstab Raubbau an der Natur ihres Heimatlandes betreibt.

Die ersten zehn Hefte sind wirklich lesenswert, was auch an der großartigen Grafik des britischen Zeichners Mike Perkins liegt, der von Marvel über DC bis hin zu Stephen King an sehr vielen Comicfronten aktiv war. Nicht unerwähnt bleiben sollen auch die gelungene nicht nur aus Grüntönen bestehende Farbgebung von Mike Spicer.

Heft 5 wurde übrigens nicht von Perkins gezeichnet, sondern thematisch passend vom Nordiren John McCrea, der sehr häufig, etwa bei Hitman, mit seinem Landsmann Garth Ennis zusammenarbeitete. Ennis schrieb einige seiner besten Geschichten für die Comicreihe Hellblazer. Zentrale Figur, der Serie ist der “zauberhafte“ Detektiv John Constantine.

Constantine wiederum debütierte 1985 innerhalb der von Alan Moore geschaffenen Swamp-Thing-Comics. Ram V erzählt im Heft 5 von The Swamp Thing eine kaum im Zusammenhang zur Hauptserie stehenden Heft eine eigenständige Geschichte, die sich u. a. mit dem Konzentrationslager Sylt beschäftigt, das während des Zweiten Weltkriegs von den deutschen Besatzern auf der Kanalinsel Alderney betrieben wurde.

Doch ansonsten bleibt das Mensch-gegen-Natur-Thema in den ersten zehn Heften zentrales Thema und wird auch durch die zahlreichen mystischen und esoterischen Bestandteile nicht verdrängt. Als die Serie danach in die Verlängerung ging, wurde es etwas albern, denn hier erzählt Ram V davon, dass sich nicht nur die Pflanzen gegen die Menschheit verbündet haben, sondern auch die ebenfalls über ein kollektives Bewusstsein verfügenden Maschinen…

Heiner Lünstedt

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Mark Millar: American Jesus

Der Auftakt lässt an Stephen Kings Stand by me denken, doch diesmal ist das Ziel einiger wandernder Jungs keine Leiche, sondern ein Pornoheft. Dabei stürzt ein LKW von einer Brücke und begräbt den 12-jährigen Jodie Christianson unter sich. Dieser überlebt und bleibt unverletzt. Nachdem er zur Freude seiner Mitschüler auch noch Sprudel in Wein verwandelt hat, beginnt Jodie sich zu fragen, ob er der neue Messias ist…

Mark Millar: American Jesus

Diese Geschichten erschien 2004 bei Dark Horse unter dem Titel Chosen. Die mit einer überraschenden, aber nicht wirklich originellen, Wendung im dritten Heft (erst einmal) abgeschlossene Miniserie war, nach Wanted, der zweite Comic des Labels Millarworld. Hier macht der schottische Autor Mark Millar nach großen Erfolgen bei Marvel und DC sein eigenes Ding. Dass er nicht mehr von Verlagen abhängig ist, zeigte sich auch darin, dass Chosen fünf Jahre später unter dem Titel American Jesus gebündelt bei Image erschien.

Mark Millar: American Jesus

Panini hat bei uns nach und nach, teilweise auch übergroß im Hardcover-Format, die von Millar getexteten Comics veröffentlicht, doch American Jesus war bisher nicht darunter. Dies dürfte weniger am kontroversen Inhalt liegen, denn der Katholik Millar geht recht respektvoll mit den religiösen Aspekten der Story um.

Mark Millar: American Jesus

Es ist eher zu vermuten, dass die oft etwas unbeholfen wirkende Grafik von Peter Gross (The Unwritten, Das Puppenhaus) gegen die Serie sprach.

Mark Millar: American Jesus

The New Messias ist der Mittelteil einer Trilogie und beginnt in den 70er-Jahren in Harlem. Dort ist die 14-jährige Jungfrau Luciana Cortez plötzlich schwanger. Die junge Frau und ihr Freund Eddie flüchten nach Waco, Texas zu einer Gruppe religiöser Fanatiker. Dort bringt Luciana ihre Tochter Catalina zur Welt, die über spezielle Fähigkeiten verfügt und aus der erdrückenden Enge der Sekte flüchtet…

Mark Millar: American Jesus

Insgesamt wirkt der 16 Jahre später entstandene zweite Teil von American Jesus erzählerisch und optisch runder. Das Artwork von Peter Gross ist deutlich gereift, obwohl der Zeichner an einem Handtremor litt und auf digitales Arbeiten umsteigen musste.

Auch der dritte Teil Die Offenbarung (Revelation) besteht wieder aus drei US-Heften. Diese Miniserie wurde 2022 gestartet und liegt mittlerweile bei Image und auch bei uns als Gesamtausgabe vor, die als Bonus wieder ein interessantes Gespräch zwischen Millar und Gross enthält. Es sei gespoilert, dass der Zeichner vom Ende der Story ganz schön überrascht war.

Erwartungsgemäß kommt es zum Showdown. Doch bevor Catalina auf Jodie trifft, rechnet sie noch mit den herrschenden Zuständen ab. Hier überrascht, dass der Katholik Millar– genau wie zuvor schon in King of Spies – alles andere als pfleglich mit dem Papst umgeht.

Nach knapp zwei Jahrzehnten beendet Millar seine Serie originell, konsequent und rechtzeitig zum demnächst auf Netflix anstehenden Start der in Mexiko gedrehten Serien-Adaption, die bei uns den Titel Der Auserwählte tragen wird.

Heinerv Lünstedt

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The Addams Family – Das Familienalbum

Die erfolgreiche Netflix-Serie Wednesday und zwei animierte Kinofilme beweisen, dass die Addams Family populär wie eh und je ist. Ein Familienalbum präsentiert erstmals alle Cartoons, Entwürfe und Skizzen mit den Mitgliedern der Gruselfamilie, die Charles Addams seit den 30er-Jahren in vier Jahrzehnten zu Papier gebracht hat.

Dabei verwundert, dass es sich dabei lediglich um wenig mehr als 200 Zeichnungen handelt, die meist in The New Yorker veröffentlicht wurden. Viele Bilder haben auf den ersten Blick nur wenig Ähnlichkeit mit dem heute für typisch empfundenen Addams-Look.

The Addams Family

Doch die Cartoons faszinieren immer noch durch die freundliche Selbstverständlichkeit mit der seltsam veranlagte, aber erstaunlich liebenswerte Charaktere ihren etwas anderen Alltag meistern. Dabei zünden die Gags nicht immer, doch die morbide Atmosphäre und die skurrilen Ideen fasziniert jedes Mal aufs Neue.

Bemerkenswert ist, dass in den Bildern von Addams niemals das “eiskalte Händchen“ auftaucht. Stattdessen beobachtet in knapp 30 Cartoons ein grinsendes kindliches Wesen, meist gut versteckt im Hintergrund, das Treiben der Familie. Da diese Figur niemals von Kopf bis Fuß zu sehen ist, kamen die Produzenten der TV-Serie zu denen auch Addams gehörte 1964 auf die Idee, das Wesen schlicht “The Thing“ zu nennen und daraus eine “helping hand“ also ein “eiskaltes Händchen“ zu machen.

Die Texte des Familienalbums dokumentieren, wie Charles Addams aus den teilweise nur sporadisch in seinen Cartoons auftauchenden noch keinen Namen tragenden Figuren jene beliebte Charaktere wie Morticia, Gomez, Lurch, Onkel Fester, Pugsley und vor allem Wednesday machte, die immer wieder zu Neuinterpretationen einladen.

Heiner Lünstedt

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Torpedo

Luca Torelli, ein junger italienischer Einwanderer, arbeitet in New York als Schuhputzer. Er ist über einen arroganten und brutalen Polizisten, der sich von ihm täglich bedienen lässt ohne zu bezahlen, so verärgert, dass er diesen schließlich umbringt.

Auf nur acht Seiten erzählen der Autor Enrique S. Abuli und der Zeichner Jordi Bernet (Andrax, Bang Bang – Die Geliebte von Al Capone) diese Geschichte vom ersten Mord des Auftragskiller Torpedo.

Doch Das waren noch Zeiten war nicht der erste Torpedo-Comic. Die Serie entstand 1980 für die spanische Ausgabe des Comic-Magazins Creepy. Die ersten beiden Torpedo-Geschichten zeichnete der amerikanische Comicmeister Alex Toth in seinem kargen aber effizienten Schwarzweiß-Stil.

Torpedo von Alex Toth mit Träne

Toth hatte angesichts der knallharten Stories von Abuli jedoch “moralische Bedenken“. Daher entschärfte er die Texte und zeichnete dem knallharten Killer am Ende der der ersten Torpedo-Story eine Träne auf der Wange. Diese verschwand in späteren Veröffentlichungen und für Toth wurde ein mehr als adäquater Ersatz gefunden.

Die Nachfolge trat Jordi Bernet an, der mit seinem trockenen Pinsel sehr viel detailreicher arbeitete und der Hauptfigur ihr markantes Aussehen verpasste. Die meisten der aus acht oder zehn Seiten bestehenden Geschichten spielen in einem eher fiktiven New York des Jahres 1936 (hier bekommt ein “Pistolero aus New York“ schon einmal den Spitznamen Dumbo, obwohl der Disney-Film erst fünf Jahre später startete) und verwenden allerlei Versatzstücke aus Büchern und Filmen der Schwarzen Serie.

Vor 15 Jahren veröffentlichte Cross Cult Torpedo in fünf schon lange vergriffenen Bänden. Jetzt präsentiert der All Verlag die Serie in einer doppelt so großen dreibändigen Gesamtausgabe. In diesem Format kommt die beeindruckende schwarzweiße Grafik von Jordi Bernet besser denn je zur Wirkung.

Torpedo 1972

Bernet zeichnete die Serie bis 2004 und lehnte das Angebot von Abuli ab, mit Torpedo 1972 ein Abenteuer mit dem inzwischen deutlich gealterten Killer-Rentner umzusetzen. Mit Eduardo Risso wurde schließlich ein Zeichner gefunden, dessen Reputation sich nicht zu verstecken braucht, und dementsprechend gelungen ist auch die Fortsetzung.

Heiner Lünstedt

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