The Rolling Stones – Das Comic!

Beim Bahoe Books liegt bereits ein Comic über die Beatles vor und die aktuell dort erschienene Biografie über die immer noch aktiven Rolling Stones funktioniert nach demselben bemerkenswert guten Konzept.

Cover von Bast

Die Comic-Kurzgeschichten, die sich mit den Phasen und Marotten der Stones beschäftigen, wurden von verschiedenen französischen Zeichnern in höchst unterschiedlichen Stilen zu Papier gebracht. Die Texte zu den Comics hingegen, aber auch zu den überleitenden Prosa-Kapitel, stammen alle von Erick Lasnel alias Céka, der bereits Comics über Michael Jackson und die Mondlandung verfasst hat.

Martin Trystam

Unter den Zeichnern befindet sich zwar kein “großer Name“, doch bei aller stilistischer Vielfalt gibt es auch keinen visuellen Ausrutscher. So kann in 21 Kapiteln miterlebt werden, wie Mick 1960 auf Keith trifft, wie sie auf Druck ihres Managers Andrew Loog Oldham als Glimmer Twins zu Songwritern werden, wie Brian Jones daran verzweifelt, dass er nicht seinen Platz in der Band gefunden hat und tot in seinen Swimmingpool aufgefunden wird.

Kyung-Eun Park

Wir erleben Mick Jagger als “Rebell im Bentley“, sowie das katastrophale Altamont-Festival mit Hells Angels als “Ordnern“, bekommen aber auch einen Einblick in die E-Gitarren-Sammlung von Keith Richards und sind dabei als Mick Taylor durch Ron Wood ersetzt wird. Im autobiografisch geprägten Kapitel Sommer 72 erzählt Céka davon, wie ein schüchterner Jüngling beim Engtanzen zu Angie die Liebe seines Lebens fand.

Patés

Diese Comic-Anthologie ist so aktuell, dass auch Abschied genommen wird von Charlie Watts, der 58 Jahre lang bei Konzerten auf Schlagzeugsolos verzchtete, als Jazzer immer ein “Fremder im Rockuniversum“ geblieben ist und den Eindruck erweckte, er wäre “nur zufällig ein Rolling Stone“ geworden. Das Abschlusskapitel feiert die unkaputtbaren Stones, die auch 2022 auf Tour gehen. Es ist ebenfalls zu hoffen, dass es auch mit dieser Comicbiografie-Reihe weitergeht.

Heiner Lünstedt

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Das Haus am See

Die von Joe Hill betreute Reihe Hill House beglückte die Leser mit einigen herrlich grausigen Comics wie Ein Korb voller Köpfe oder Im tiefen, tiefen Wald. DC scheint dadurch auf den Geschmack gekommen zu sein und startet ein weiteres Horror-Label. Als erster DC Schocker wird ein fast schon epischer Comic präsentiert, der in zwölf Heften eine ebenso ansprechende wie anspruchsvolle Geschichte erzählt und von mir aus auch gerne als Graphic Novel etikettiert werden kann.

Softcover-Cover

Der vielbeschäftigte Batman-Autor James Tynion IV (Jahr Null, Batman vs. Teenage Mutant Ninja Turtles) erzählt vom etwas seltsamen Walter, der zehn mehr oder weniger guten Bekannten ein Kurzurlaubs-Angebot macht, das diese nur schwerlich ablehnen können. Walter sendet ihnen Fotos von einem luxuriös eingerichteten Haus, das traumhaft an einem See in Wisconsin gelegen ist und verspricht eine unvergessliche Woche.

Damit liegt er völlig richtig, denn während sich die zehn Gäste, die sich nur teilweise kennen, miteinander bekannt machen, passieren (Vorsicht Spoiler!) außerhalb des Luxus-Anwesens schreckliche Dinge und Walter entpuppt sich als jemand, der sehr viel mehr ist, als der angenehme aber etwas passive Mann, der mit großem Interesse die Lebenswege seine Freunde verfolgt.

Geschickt verschachtelt erzählt Tynion vom Aufeinandertreffen der zehn Gäste. Dabei setzt er auch Rückblenden und “Screenshots“ von Online-Kommunikationen ein. Wenn er komplett durchzublicken möchte, ist der Leser immer wieder gezwungen zurückzublättern, um – versehen mit neuen Informationen – einzelne Passagen noch einmal mit neuen Augen zu betrachten. Doch dies ist nicht weiter schlimm, denn die spannende Story geizt nicht mit Überraschungen und die Panel-Gemälde des Spaniers Alvaro Martinez Bueno sind großartig.

Hardcover-Cover

Wahlweise auch als Hardcover präsentiert Panini in einem Sammelband die ersten sechs Hefte von The Nice House on the Lake und liefert als Zugabe noch einige herrlich surreale Variantcover von Künstlern wie David Lafuente oder Javier Rodriguez. Ich fiebere schon dem großen Finale entgegen, das kurz vor Weihnachten erscheint.

Heiner Lünstedt

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Thor: Love and Thunder

Wie bereits in Thor 3: Tag der Entscheidung führte wieder der vielfältig talentierte Neuseeländer Taika Waititi (5 Zimmer Küche Sarg, Jojo Rabbit) Regie. Diesmal verfasste er zudem auch noch gemeinsam mit Jennifer Kaytin Robinson das Drehbuch, was dem Film sehr gut getan hat.

Das Resultat ist sehr viel weniger als ansonsten im Marvel Cinematic Universe üblich ein Sammelsurium voller Anspielungen auf vorherige Filme oder TV-Serien, sondern steht inhaltlich auf eigenen Füßen. So verabschiedet sich Chris Hemsworth als Thor schon nach wenigen Minuten von den Guardians Of The Universe und macht sich zu eigenen Abenteuern auf.

Dabei trifft er wieder auf seine geliebte Jane Foster (Natalie Portman), die sich Thors Hammer Mjölnir unter dem Nagel gerissen hat, um durch dessen Kraft eine Weile zu vergessen, dass sie an Krebs leidet. Jane tritt sogar in einem eigenen Thor-Kostüm an und bricht zusammen mit dem Donnergott, Valkyrie (Tessa Thompson) und dem Steinmenschen Korg (Waititi himself) auf, um eine Gruppe entführte Kinder nach New Asdgard zurückzubringen.

Der Schurke im Film ist diesmal “Gorr the God Butcher“, der von einem kaum zu erkennenden Christian Bale recht intensiv verkörpert wird und dem am Ende des Filmes noch einige beeindruckende Momente zugestanden werden. Taika Waititi gelang eine erstaunlich stimmige Mischung aus Superhelden-Action, Klamauk und Drama!   

Heiner Lünstedt

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Fürst der Füchse – Das Leben des Rolf Kauka

Zeit seines 83 Jahre andauernden Lebens hat es Rolf Kauka vermieden seine Memoiren zu Papier zu bringen. Eine detailverliebte Biografie von Bodo V. Hechelhammer liefert gute Gründe, warum der 2000 verstorbene Vater von Fix und Foxi nicht daran interessiert war, zu erzählen, was er vor 1945 getan hatte.

Kauka war begeisterter Hitlerjunge und glühender Anhänger der Nationalsozialisten. Er machte Karriere in der deutschen Wehrmacht und wurde mit zahlreichen Orden ausgezeichnet. Nach dem Kriege kam es bei Kauka zu keinem Umdenken.

Laut Hechelhammer belog Kauka die alliierten Ermittlern bezüglich seiner braunen Vergangenheit so, “dass sich regelrecht die Balken bogen.“ Diese Taktik trug Früchte, denn “keine der konsultierten Behörden konnte belastende Informationen ermitteln.“ So ist es kein Wunder, dass die erste Comicserie, die Rolf Kauka 1953 herausbrachte, den Titel Till Eulenspiegel trug. Kurz darauf debütierten in dieser Reihe zwei Füchse und der Rest ist deutsche Comicgeschichte.

Natürlich erzählt Hechelhammer auch von der in Lupo modern veröffentlichten, völlig verunglückten Asterix-Übersetzung Siggi und Barbarras. Wer jedoch weitere Details über die Entstehung von Kaukas Comics erfahren möchte, dem sei die Reddition 56: Dossier Rolf Kauka oder die Kataloge Fix & Foxi – Rolf Kaukas großer Welterfolg und Fix & Foxi – Die Entdeckung von Spirou, Lucky Luke und den Schlümpfen empfohlen.

Siggi und Babarras

Doch wer mehr über den Erfolgsmenschen Kauka wissen möchte, der seinen Verlag – aber auch seine Ehefrauen und seine Kinder – mit harter Hand führte, der wird von Bodo V. Hechelhammer sehr gut bedient. Zwar ist etwas zu häufig zu erfahren, welcher heute gar nicht mehr so prominente Gast auf welcher Party anwesend war und wie gut sich Kaukas Pferde auf den Rennbahnen schlugen. Dabei wird aber auch sehr deutlich, mit welchem Tricks Kauka gearbeitet hat und welchen Preis er für seinen Erfolg zahlte.

Eine gnadenlose Abrechnung ist das Buch dennoch nicht, denn bei aller Kritik schwingt auch Bewunderung für einen Mann mit, der sich schon sehr früh als Naturschützer verstanden hatte und auch engagierte. Als Kauka seinen Alterswohnsitz, eine Südstaaten-Plantage, kräftig aufforstete, meinte er hierzu: “Es ist so viel Papier verschwendet worden für Fix und Foxi, jetzt kann ich davon wieder etwas zurückführen.“

Heiner Lünstedt

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Willkommen in Siegheilskirchen

Dieser vom erfahrenen spanischen Animator Santiago López Jover und dem bayerischen Regisseur Marcus H. Rosenmüller (Wer früher stirbt, ist länger tot, Beste Gegend, Trautmann) Film in Szene gesetzte Film lief in Österreich unter dem sehr viel passenderen Titel Rotzbub. In Deutschland kommt der Trickfilm jetzt als Willkommen in Siegheilskirchen in die Kinos.

Geboten wird ein faszinierender Exkurs durch die von schrillen Charakteren bevölkerte Bilderwelt von Manfred Deix. Die Produktion des Animationsfilms begann bereits 2013 und der drei Jahre später verstorbene österreichische Cartoonist war an der Konzeption beteiligt.

Die Geschichte spielt 1967 in einer österreichischen Kleinstadt, die nicht ohne Grund Siegheilskirchen heißt. Die Männer, die in dem Kaff das Sagen haben, sind Nationalsozialisten geblieben. Trotzdem eröffnet dort der Hippie Poldi das Café Espresso Jersey und mischt den kleinstädtischen Mief etwas auf.

Ein kleiner Junge, der von allen Rotzbub genannt wird und über großes Zeichentalent verfügt, bringt auf einem gewaltigen Wandgemälde den Ekel über seine Mitbürger zum Ausdruck und gewinnt das Herz des Roma-Mädchens Mariolina.

Bei einem Budget von circa sechs Millionen Euro sollte der Zuschauer keine Pixar-Qualität erwarten. Doch wer sich auf den Filmeinlässt, wird reich belohnt. Es werden nicht nur Deix-Karikaturen glaubhaft in Bewegung zu gesetzt, sondern zugleich wird auch eine ebenso komische wie anrührende Geschichte über das Erwachsenwerden erzählt.

Heiner Lünstedt

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Marvel Comics Library – Avengers

Im November 1961 startete die schier unglaubliche Erfolgsgeschichte der modernen Marvel-Comics mit einem Heldenteam, den Fantastic Four. Zwei Jahre später debütierte mit den Avengers eine noch mächtigere Gruppe von Superhelden, Deren Mitglieder Ant-Man, Hulk, Thor, Iron Man (damals noch in einer goldenen Rüstung) und The Wasp hatten zuvor bereits Einzelabenteuer bestanden.

Doch im September 1963 traten sie als The Avengers gemeinsam erfolgreich gegen Thors Halbbruder Loki an. Auf dem Cover von The Avengers # 4 war dann zu lesen “Captain America Lives Again!“ Der Marvel-Held des Zweiten Weltkriegs erlebte hier ein spektakuläres Comeback. Jack Kirby und Stan Lee ließen Captain America, nachdem er Jahrzehnte als Folge eines Flugzeugabsturzes in einem Eisblock im Atlantik eingefroren war, zum Mitglied der Avengers werden.

Dieser und viele weitere klassische Comic-Momente können dank der Marvel Comic Library noch einmal so authentisch wie möglich erlebt werden. Die klassischen Hefte aus den 60er-Jahren kommen originalgetreu zum Abdruck. Dabei wurde auf eine Neukolorierung verzichtet, sondern Taschen hat alles drangesetzt, um die Rasterpunkte der alten Farbgebung originalgetreu wiederzugeben.

Dieses Bestreben ging sogar so weit, dass für die Reproduktionen der Titelbilder und Backcover Hochglanzpapier und für die Innenseiten Offsetpapier mit matter Oberfläche verwendet wurde. Die Comics inklusive der Leserbriefe und Werbeanzeigen kommen in einem knapp 630-seitigen Hardcoverband in englischer Sprache im Format von 28 x 39,5 cm zum Abdruck, also doppelt so groß wie einst die Originale.

Das in einer Auflage von 5.000 nummerierten Exemplaren produzierte Resultat revitalisiert durch akribische Rekonstruktion den Charme der Original-Comichefte. Als Beigabe gibt es ein ausführliches Vorwort des Comicautoren Kurt Busiek (Marvels), sowie Credits mit Inhaltsangabe zu jedem der enthaltenen Hefte.

Die Interessenten für mit 150 Euro nicht ganz billige – weil aufwändig produzierte – Sammler-Ausgaben dürften durch das beständig expandierende Marvel Cinematic Universe nicht weniger werden. Daher setzt Taschen seine Marvel Comics Library mit Bänden zu Fantastic Four. Vol. 1. 1961 – 1963, Captain America und Spider-Man fort.

Heiner Lünstedt

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Alan C. Wilder Ltd. 2: Der Friedhof auf dem Hügel der Elfen

Nach dem Tode seines Vaters hat der Sohn, der ebenfalls Alan C. Wilder heißt, jene Firma übernommen, die seit Generationen „Hilfe bei übersinnlichen Phänomenen aller Art“ leistet.

Eine besondere Qualifikation für diesen Job bringt der kleine Alan dadurch mit, dass er mit dem Geist seines Vaters kommunizieren kann. Dabei findet er heraus, dass sein Papa gar nicht so traurig darüber ist, nicht mehr mit den Kunden herumärgern zu müssen und stattdessen ungestört im Familienarchiv forschen zu können.

Nachdem Alan Junior zusammen seinem Assistenten, dem Äffchen Lord Peter, bereits klären konnte, warum sich auf der Brücke der Lady Dunsford seit Jahrzehnten Hunde in den Tod stürzen, verschlägt es ihn bei seinem zweiten Fall in die schottischen Highlands. Im Auftrag des Elfen Derek William Dick soll das Duo herausfinden, warum es auf einem Friedhof plötzlich von Geistern nur so wimmelt…

Mit seiner sich nicht nur an ganz junge Leser richtenden Serie verbreitet Patrick Wirbeleit (Kiste) eine angenehm schrullige Gruselatmosphäre. Auch die wie immer sehr klaren aber auch ausdrucksstarken Bilder von Ulf K. (Neue Geschichten von Vater und Sohn) laden ein zu Exkursionen durch in eine Welt, in der das Übersinnliche erschreckend normal wirkt. Kirsche auf dem Kuchen ist auch diesmal das Cover mit Geistern, die im Dunkeln leuchten.

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Wenn der Wind weht

Jim und Hilda sind ein ganz reizendes altes Pärchen, das in netter ländlicher Umgebung ein friedliches Leben führt. Doch plötzlich erfahren sie aus dem Radio, dass ein nuklearer Krieg droht. Die beiden alten Herrschaften haben den Zweiten Weltkrieg als oftmals auch romantische Zeit noch gut in Erinnerung. Recht sorglos halten sie sich an die Anweisungen der Regierung, doch gegen die Nachwirkungen einer atomaren Explosion haben sie keinerlei Chancen…

Wenn der Wind weht

Raymond Briggs hatte sich auf nette Bilderbücher über Weihnachts- oder Schneemänner spezialisiert. Doch 1982 überraschte er mit dem Comic Strahlende Zeiten. Dieser ist genauso liebevoll wie seine Kinderbücher gezeichnet, schockiert jedoch zugleich durch die detaillierte Darstellung der Auswirkungen eines Atomkriegs auf zwei Durchschnittsbürger. Als Vorlage für Jim und Hilda, die Briggs als “naiv, aber nicht dumm“ charakterisierte, dienten dem Künstler seine eigenen Eltern, denen er später mit ein Ethel & Ernest ein ebenfalls verfilmtes Denkmal setzte.

Wenn der Wind weht

Aus Briggs Buch machte Jimmy T. Murakami (Sador – Herrscher im Weltraum) einen beeindruckenden Zeichentrickfilm, zu dem Roger Waters (Pink Floyd) und David Bowie die Musik beisteuerten. Das Resultat ist genauso anrührend ist, wie Isao Takahatas thematisch verwandtes Anime Die letzten Glühwürmchen. Die ländliche Umgebung von Jim und Hilda wurde sehr liebevoll gestaltet, teilweise kamen hierzu maßstabsgetreue Modelle der Wohnung zum Einsatz, die kunstvoll mit den animierten Figuren verknüpft wurden. Die Träume und Sehnsüchte des Pärchens wurden durch direkt aufs Papier gezeichnete oft sehr wilde Phantasien dargestellt. Es tut richtig weh dabei zuzusehen, wie diese schöne Welt scheinbar grundlos zu Grunde geht.

Dank Turbine liegt Wenn der Wind weht jetzt auch endlich in sehr guter Bildqualität auf Blu-ray vor. Im Bonusmaterial ist eine Doku enthalten, die nicht nur ebenso lang, sondern ebensp interessant wie der Hauptfilm ist. Im Zentrum steht Regisseur Jimmy T. Murakami, der genau wie George Takei (They Called Us Enemy) als Amerikaner japanischer Abstammung nach dem Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 zusammen mit seiner Familie als potentielle Spione und Attentäter verhaftet und für mehrere Jahre interniert wurde.

Diese bittere Erfahrung entfremdete Murakami von seinem Heimatland USA, auch ein Versuch in Japan Wurzeln zu finden scheiterte. Erst in Irland fand er eine Wahlheimat und privates Glück. Die beeindruckende Doku Jimmy Murakami: Non-Alien entstand 2010 und begleitet den vier Jahre später verstorbenen Regisseur auf einem Trip zum ehemaligen Lager Tule Lake, in dem er auf Schicksalsgenossen trifft und über seine verlorenen Jugendjahre spricht.

Außerdem enthält die Blu-ray zu “Wenn der Wind weht“ noch dieses Bonusmaterial: Audiokommentar mit First Assistant Editor Joe Fordham und Filmhistoriker Nick Redman (wie alle Extras wahlweise mit deutschen Untertiteln), Extratonspur mit isolierten Soundtrack und Geräuscheffekten, Dokumentation „The Wind and the Bomb“ (25:23 min), Interview mit Raymond Briggs (13:50 min), Deutscher Vorspann (4:14 min), Englische Trailer (2:07 min + 3:15 min), Japanischer Trailer (1:30 min), Wendecover

Heiner Lünstedt

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Die Spinne – König des Verbrechens

Von 1975 bis 1978 brachte das Magazin Kobra Comics aus britischer Produktion an die deutschen Leser. Diese sind oft etwas wilder und unberechenbarer als die Erlebnisse der US-Superhelden oder die doch recht braven Abenteuer-Geschichten aus Frankobelgien.

Die Spinne: König des Verbrechens

Auf den ersten Blick beeindruckte in Kobra Don Lawrences plastisch kolorierte Grafik bei der epischen Science-Fiction-Serie Das Reich Trigan. Doch auch in Schwarzweiß zum Abdruck gekommene Serien wie Die Eiserne Hand blieben trotz oder gerade wegen ihrer seltsamen Konzeption in angenehmer Erinnerung. Wie in den italienischen Fumetti Neri Diabolik oder Satanik ist auch hier die Hauptfigur eigentlich ein Schurke, was diesen jedoch nicht davon abhält, gelegentlich auch Gutes zu tun.

Die Eiserne Hand

Diese Beschreibung trifft auch auf eine weitere britische Serie zu, die ebenfalls am 11. Februar 1975 in der ersten Ausgabe von Kobra enthalten war und das Magazin entscheidend prägte. Seinerzeit wurde für The Spider der deutsche Titel Spiderman gewählt, jetzt veröffentlicht Panini einen ersten Sammelband zur Serie unter dem Titel Die Spinne, den einst die ersten deutschen Comics mit Spider-Man trugen.

The Spider startete 1965 in Großbritannien im Magazin Lion, also drei Jahre nach dem ersten Auftritt von Spider-Man. Doch abgesehen vom Handlungsort New York und der Tatsache, dass neben Hightech gelegentlich auch Netze zum Einsatz kommen, hat die Serie keinerlei Ähnlichkeiten mit den familienfreundlichen Abenteuern von Peter Parker.

Der britische Autor Ted Cowan, von dem auch der ebenfalls aus Kobra bekannte Roboter Archie stammt, erzählt in kurzen, meist aus zwei Seiten bestehenden Episoden, wie scheinbar aus dem Nichts eine spitzohrige Gestalt, die sich Spider nennt, die New Yorker Unterwelt übernimmt, um kriminelle Großtaten zu begehen. Eine besondere Pracht sind dabei die lässigen schwarzweißen Zeichnungen von Reg Bunn, der locker bei Großmeistern des Genres wie Alex Raymond (Rip Kirby) oder Jim Holdaway (Modesty Blaise) mithalten kann.

Paninis großformatiger Hardcoverband enthält auf über 100 Seiten in neuer Übersetzung die ersten Abenteuer von The Spider, sowie zum Ende hin einen Zeitsprung. Zum Abdruck kommt auch noch jene Geschichte, mit der Superman-Schöpfer Jerry Siegel das Texten der Serie übernahm. Nicht nur die “Generation Kobra“ wird sich sehr über diese liebevoll editierte Klassiker-Edition und möglichst viele Fortsetzungsbände freuen.

Heiner Lünstedt

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Barbara Yelin: Tagebuch eines Zwangsarbeiters

Erst nach dem Tode des Niederländers Jan Bazuin entdeckte sein Sohn Leon ein aus drei Heften bestehendes Tagebuch. Sein Vater hatte mit ihm nie über jene Zeit gesprochen, als er Ende des Zweiten Weltkriegs zur Zwangsarbeit nach München deportiert wurde. Das dortige NS Dokumentationszentrum fertigte nicht nur eine deutsche Übersetzung an, sondern erarbeitete auch eine Veröffentlichung des Tagebuchs, die von der Comiczeichnerin Barbara Yelin (Gift, Irmina) illustriert wurde.

Der 19-jährige Jan Bazuin begann sein Tagebuch am 20. November 1944 mit dem Satz: “Heute kaum etwas Besonders“ Er beschreibt sein Leben im besetzten Rotterdam. Die Bewohner leiden unter Bombenangriffen, sowie der Knappheit von Nahrungsmittel und Heizmaterial. Bazuin kommt zudem kaum noch mit seinem Vater klar. Ein Lichtblick ist das Verhältnis zu einer Frau, die er zunächst als “Bekannte“ bezeichnet und die schließlich zu Bazuins Freundin Annie wird.

Seine Tagebucheinträge sind sehr sachlich gehalten und scheinbar frei von Sentimentalitäten. Gelegentlich blitzt ein sarkastischer Humor aber auch Optimismus auf. Bazuins Schreibstil erweckt rasch Sympathien für den jungen Mann, der versucht das Beste aus seiner Lage zu machen. Doch diese wird keineswegs besser. Auch weil sein Vater ihn nicht mehr in der Wohnung haben will, wird Bazuin im Januar 1945 zusammen mit 50 Landsleuten in einen Güterwagen gesperrt.

Nach einer 75-stündigen Bahnfahrt, die er fast ohne Nahrungsmittel und Wasser ertragen muss, kommt er schließlich in Dachau an. Er musste Zwangsarbeit im Reichsbahnausbesserungswerk Neuaubing verrichten (das sich direkt vor meiner Haustür befand). Jan Bazuins letzter Tagebucheintrag stammt vom 27. April 1945, und danach versuchte er die Deportation zu vergessen, auch weil manche Niederländern Zwangsarbeiter verdächtigten, freiwillig für die Deutschen gearbeitet zu haben.

Jan Bazuins Tagebuch ist ein wichtiges Zeitdokument, dass die Auswirkungen von Krieg und Diktatur auf Zivilisten hautnah miterleben lässt. Für diese Edition, die keinen Leser kalt lassen wird, sprechen auch die einfühlsamen Bilder von Barbara Yelin, die das Tagebuch nicht nur illustrierte, sondern teilweise auch durch Sprechblasentexte ergänzte.

Heiner Lünstedt

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