Während die Serie Tim und Struppi mit dem Tode ihres Schöpfers Hergé ebenfalls zu Grabe getragen wurde, erleben die Comicfiguren von dessen einstigen Assistenten Edgar P. Jacobs immer wieder neue Abenteuer, wobei Blake und Mortimer allerdings nicht in unserer Gegenwart angekommen sind.
Im 29. Album der Serie agieren sie 1963 vor dem Hintergrund des Kalten Krieges. Hierbei fällt auf, wie sorgfältig die erstmals in die Fußstapfen von Jacobs tretenden Autoren José-Louis Bocquet und Jean-Luc Fromental die damaligen politischen Verhältnisse recherchiert und thematisiert haben.
Professor Philip Mortimer reist nach Russland ins Uralgebirge, um seiner alten Freundin Olga Mandelstam beizustehen, die bei archäologischen Ausgrabungen auf sieben Särge mit Leichen gestoßen ist, denen die Gesichtshaut abgezogen wurde. Captain Francis Blake hingegen wird in der Schweiz mit den Streitereien der Westalliierten über die neue Weltordnung und dem zweifelhaften westdeutschen Geheimdienstler Reinhard Gehlen konfrontiert.
Dies alles ist spannend und realitätsnah erzählt, wobei auch die schönen Ligne-Claire-Bilder von Antoine Aubin überzeugen. Für den neuen Band spricht auch der gelegentlich aufblitzende Humor, sowie die dezent knisternde erotische Spannung zwischen Mortimer und Olga Mandelstam.
Erst auf Seite 21 gerät der Comic etwas aus dem Ruder, wenn einmal mehr Blake und Mortimers Dauer-Nemesis Olrik als Strippenzieher eines nur bedingt glaubhaften diabolischen Masterplans präsentiert wird.
In Berlin laufen die Fäden schließlich zusammen. Vor dem Hintergrund des achtstündigen Besuchs von Präsident John F. Kennedy im Westteil der geteilten Stadt rollt ein wahnwitziges Finale ab, das nur bedingt zum sorgfältig aufgebauten Beginn des Albums passt, dafür aber in der Tradition der schillernden Abenteuer von Edgar P. Jacobs steht.
Heiner Lünstedt
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