Batman: Die Zukunft des Weißen Ritters

Es war eine echte Überraschung als Sean Murphy (American Vampire, Chrononauts) 2017 unter dem Titel The White Knight eine achtteilige Batman-Miniserie startete. Das größte Plus war dabei, dass Murphys Story ebenso überzeugte, wie sein detailverliebtes Artwork.

Batman: Der Weiße Ritter erzählt davon, dass der Joker nach der Einnahme von Medikamenten plötzlich sehr vernünftig geworden ist. Als ungeschminkter Jack Napier (so lautet der bürgerliche Name des Clownprinzen in Tim Burtons ersten Batman-Film) hat er in Gotham City als einziger den Durchblick. Während Batman bei seinen mit brachialen Mitteln geführten Kämpfen gegen durchgeknallte Kriminelle ganze Stadtteile verwüstet, verdienen sich Spekulanten mit den anschließenden Aufräumarbeiten eine goldene Nase.

Auch in der 2019 gestarteten Fortsetzung Der Fluch des Weißen Ritters konnte Murphy sein hohes Niveau halten und erzählt eine alternative Geschichte der Vorfahren von Bruce Wayne. Murphy geht dabei zurück ins Jahr 1685 als Edmond Wayne England verließ und nach Gotham aufbrach. Eine große Rolle spielt dabei auch der Racheengel Azrael und weitere Story-Elemente aus dem Batman-Klassiker Knightfall werden ebenfalls variiert.

2022 widmete sich Sean Murphy der Zukunft des Weißen Ritters und verknüpfte sein wild wucherndes Murphyverse mit Elemente aus der ebenso kurzlebigen wie beliebten Animationsserie Batman Beyond. Diese erzählt von einem deutlich gealterten Bruce Wayne, dem bei einem Einsatz nichts anders mehr übrigbleibt, als zur Schusswaffe zu greifen. Wayne zieht die Konsequenzen, verlässt die Bathöhle und macht dort das Licht aus.

Dem Highschüler Terry McGinnis gelingt es, den sich im Ruhestand befindenden Bruce Wayne wieder zu aktivieren. Von der Bathöhle aus fungiert Bruce Wayne fortan als Mentor, während Terry in eine Hightechrüstung schlüpft und versucht in einem futuristischen Gotham für Recht und Ordnung zu sorgen.

Auch dieser Version von Batman trotzt Sean Murphy neue Aspekte ab und verknüpft sie mit seiner Geschichte vom Weißen Ritter. Vor dem Hintergrund eines zum Polizeistaat gewordenen Gotham macht er den früheren Robin Dick Grayson zum Leiter einer Antiterroreinheit aus Hightech-Batmen, während sich Harley Quinn als alleinerziehende Mutter um ihre Zwillinge sorgt und Bruce Wayne aus dem Knast ausbricht…

Einmal mehr überrascht Sean Murphy durch aufregende neue Verknüpfung von altbekannten Storyelementen und bringt frischen Wind in die etwas muffig gewordene Welt des Dunklen Ritters. Doch wie das Ende von Beyond the White Knight andeutet, ist ihm Batman nicht genug und er wird in Zukunft auch alternative Versionen von weiteren DC-Größen präsentieren. Ich habe nichts dagegen…

Heiner Lünstedt

„Batman: Die Zukunft des weißen Ritters“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Batman – Die 1989er-Filmadaption

Pünktlich zum Kinostart von Tim Burtons Batman im Juni 1989 erschien auch eine Comicadaption des Blockbusters. Diese entstand parallel zu den Dreharbeiten. Die Texte stammen von Dennis O’Neil, der zuvor zusammen mit dem Zeichner Neal Adams einige der bedeutendsten Batman-Comics geschaffen hatte.

Die Zeichnungen und das Inking stammen von Jerry Ordway, der seinerzeit Superman zeichnete. Ordway gelang es sehr gut die Darsteller wie Michael Keaton oder Kim Basinger zu porträtieren. Besonders gut gelang ihm die Wiedergabe der Mimik von Jack Nicholson.

Nicht unerwähnt bleiben soll auch die stimmungsvolle Farbgebung von Steve Oliff, der kurz zuvor den Manga Akira spektakulär am Computer koloriert hatte. Das immer noch beeindruckende Artwork kaschiert recht gut, dass die Kreativkräfte, während sie am Comic arbeiteten, keine Möglichkeit hatten den fertigen Film zu sehen.

Daher wirkt das Metropolis im Comic wie eine konventionelle US-Großstadt und kann nicht beim düster-durchgestylten Design des Films mithalten. Auch inhaltlich gibt es einige Änderungen, die jedoch oft damit zusammenhängen, dass O’Neil gezwungen war, die Handlung des 126-minütigen Films auf 64 Seiten zu straffen.

Daher fehlt wohl auch der von Billy Dee Willams (Lando Calrissian aus Star Wars), verkörperte Staatsanwalt Harvey Dent, der im Kino nur eine unwichtige Nebenrolle spielt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Sam Hamm, der 1989 zusammen mit Warren Skaaren das Drehbuch verfasste, kürzlich eine Comic-Fortsetzung zu den beiden Batman-Filmen von Burton schrieb, in dessen Zentrum die Verwandlung von Harvey Dent in Two-Face steht.

Die Comicadaption von Tim Burtons Batman erschien bei uns 1989 im Hethke Verlag. Für die Neuauflage hat Panini nicht nur Hardcover spendiert, sondern als Bonus auch noch alle schwarzweißen Zeichnungen von Jerry Ordway (auf Original-DC-Papier!) abgedruckt. Besser kann ein Comic nicht präsentiert werden!

Heiner Lünstedt

„Batman – Die 1989er Filmadaption“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Marvel Comics Library – X-Men

Taschen feierte bereits die ersten Comicauftritte von Spider-Man, den Avengers und den Fantastic Four in überformatigen Büchern ab. Doch während es sich hierbei um Comics handelte, die in den 60er-Jahren für große Aufmerksamkeit und hohe Auflagen sorgten, konnten die 1963 von Stan Lee und Jack Kirby kreierten X-Men nicht von Anfang an begeistern.

Vielleicht lag es am sich nicht gerade selbst erklärenden Titel, vielleicht auch an den im Vergleich zu den anderen Marvel-Teams sehr viel weniger charismatisch wirkenden in blaugelben Uniformen steckenden Mutanten.

Erst als Mitte der 70er-Jahre die X-Men internationaler wurden und originelle Figuren wie der kanadische Wüterich Wolverine, die afrikanische Wetterhexe Storm oder der bayerische Mutant Nightcrawler Aufnahme ins Team fanden, wurde die Serie zu Marvels Topseller.

Das Vorwort zu diesem Prachtband stammt daher auch vom Briten Chris Claremont, der als Autor das Schicksal der X-Men von 1975 bis 1991 bestimmte. Dieser outet sich als Marvel-Fan der ersten Stunde. Er dankt Stan Lee und Jack Kirby für “einige der besten kreativen Erlebnisse“. Claremont lädt die Leser dazu ein, sich auf jene Geschichten einzulassen, ohne die es viele Comics, TV-Serien und Filme nicht gegeben hätte.

Dieses Bestreben ging so weit, dass für den Abdruck der Titelbilder und Backcover Hochglanzpapier und für die Innenseiten Offsetpapier mit matter Oberfläche verwendet wurde. Die Comics, inklusive der ebenfalls recht amüsanten Leserbriefseiten und Werbeanzeigen, kommen in englischer Sprache im Format von 28 x 39,5 cm zum Abdruck, also doppelt so groß wie einst die Originale.

Beim Betrachten dieser sorgfältig reproduzierten Seiten wird klar, wie nachlässig und unsensibel neu koloriert diese Comic-Meilensteine bisher in Neuauflagen präsentiert wurden. Erst diese liebevoll aufgemachte Taschen-Edition ermöglicht es, nachzuvollziehen, warum es ohne diese Comicseiten keine Marvel-Blockbuster geben würde.

Heiner Lünstedt

„Marvel Comics Library. X-Men. Vol. 1. 1963–1966“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Tim im Lande der Sowjets

Am 10. Januar 1929 trat im belgischen Magazin Le Petit Vingtième erstmal ein gewisser Tintin auf, der zusammen mit seinem Hund Milou per Eisenbahn ins Land der Sowjets aufbrach, um seine Leser “absolut authentisch“ über die dortigen Zustände zu informieren. Bereits auf der zweiten Seite des Comicabenteuers wird ein Sprengstoffanschlag auf den wackeren Reporter verübt.

Dies resultiert darin, dass Tintin in Berlin von der dortigen Polizei verhaftet wird und sich eine turbulente Verfolgungsjagd mit den Schupos liefert. Als er in ein Polizeiauto springt und Gas gib, verändert sich Tintins Frisur. Fortan trägt Tintin jene leicht nach hinten schwingende Tolle, die zu seinem Erkennungsmerkmal werden sollte.

Was der bei uns als Tim bekannte Reporter schließlich in Russland an Schandtaten der Sowjet-Obrigkeit erlebt, hat dessen damals 21-jähriger Schöpfer Hergé einem einzigen Buch (Moskau ohne Schleier von Joseph Douillet) entnommen und teilweise eins zu eins übernommen. Die reichlich plumpe antikommunistische Propaganda ist jedoch nur ein sehr kleiner Bestandteil in Hergés 139-seitigen Comic, der in erster Linie eine turbulente Verfolgungsjagd erzählt.

Lange Zeit wurde Tim im Lande der Sowjets nicht wieder neu aufgelegt. Nachdem zahlreiche Raubdrucke erschienen, folgte 1973 es eine offizielle Neuausgabe, und der Comic wurde schließlich als Band 0 in die Albenreihe integriert.

In Frankreich und Belgien erschien 2017 eine sorgfältig kolorierte Edition, die Carlsen mit sechs Jahren Verspätung zum fairen Preis von 25 Euro als schön aufgemachte Sammlerausgabe ohne Vor- oder Nachwort herausgebracht hat.

Seite 99 aus Hergé-Werkausgabe von 1999

Völlig unklar ist jedoch, warum die in früheren Ausgaben enthaltene Seite 99 diesmal weggelassen wurde.

Heiner Lünstedt

„Tim im Lande der Sowjets – Farbige Ausgabe“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Spirou: Tulpen aus Istanbul

Hanco Kolk ist einer der bekanntesten niederländischen Comickünstler. Doch abgesehen von seiner satirischen Reihe Meccano wurde in Deutschland bisher nichts von Kolk veröffentlicht. Dies ändert sich jedoch gerade schlagartig.

Panini veröffentlicht unter dem Titel Gilles der Gauner in drei Bänden Kolks humoristische Abenteuerserie Gilles de Geus, die in Zusammenarbeit mit Peter de Wit entstand. Carlsen hingegen bringt ein ebenso originelles wie durchgeknalltes Agentenabenteuer heraus, das Kolk 2017 zur belgischen Traditionsserie Spirou beisteuerte.

Cover der Originalausgabe

Kolk hat für die deutsche Ausgabe von Tulpen aus Amsterdam sogar ein neues Cover beigesteuert, dass etwas mehr James-Bond-Nähe suggeriert als der Comic letztendlich bietet. Zwar geht es genau wie im Roman und Film Liebesgrüße aus Moskau darum, in Zeiten des Kalten Kriegs etwas, was den Russen hoch und heilig ist, von Istanbul nach Westeuropa zu schmuggeln.

Doch obwohl zweimal ein Wunderauto mit Schleudersitz eine Rolle spielt, wird in erster Linie eine klamaukige Geschichte erzählt, die als Hauptaufhänger ein Ereignis aus der niederländischen Historie einsetzt. 1560 brachte der Diplomat Ogier Ghislain de Busbecq per Postkutsche in 39 Tagen eine Tulpenzwiebel von Istanbul nach Rotterdam, was noch heute spürbare Folgen hat. Angesichts der 1960 in Rotterdam veranstalteten Floriade wurde diese historische Reise wiederholt.

Cover der Luxusausgabe

Rund um dieses Ereignis hat sich Hanko Kolk eine turbulente Geschichte über einen russischen Wissenschaftler ausgedacht, der die Nachstellung der historischen Kutschenfahrt dazu nutzen will, um in den Westen zu fliehen, was Agenten aller Welt auf den Plan ruft. Doch sehr viel origineller als die Geschichte ist das lässige Facelifting, das Kolk Spirou und Fantasio verpasst hat. Nachdem der große André Franquin die Serie verlassen hatte, sahen die beiden Säulenheiligen des belgischen Comics selten so cool aus wie bei Kolk.

Heiner Lünstedt

“Spirou und Fantasio Spezial 40: Tulpen aus Istanbul” bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Matthias Schultheiss: Kaputt in der City

Noch bevor Matthias Schultheiss der internationale Durchbruch mit Die Wahrheit über Shelby und der erst kürzlich krönend zum Abschluss gebrachten Serie Die Haie von Lagos gelang, adaptierte er 1984 acht Kurzgeschichten eines damals sehr prominentesten Autors.

In schlichten aber ergreifenden Worten brachte Charles Bukowski Episoden aus dem Leben von Menschen im sozialen Abseits, die versuchten sich durchzuschlagen, ohne sich anzupassen. Bei seinen klaren und deutlichen Schilderungen überschritt Bukowski gelegentlich die Grenzen zur Pornografie.

Interessanter waren für mich jedoch jene Geschichten, in denen sich Bukowski oder sein Alter Ego Henry Chinaski mit fast schon sportlichen Ehrgeiz versucht, trotz seiner unsteten Lebensführung, in den amerikanischen Hinter- und Schlachthöfen schlecht bezahlte aber körperlich stark fordernde Jobs zu absolvieren.

Bei der Beschreibung dieser schweißtreibenden Tätigkeiten – etwas als Schwellenstapler in der nordamerikanischen Wüste oder beim Schleppen von frisch geschlachteten Ochsen – haute Bukowski in dieselbe Kerbe wie seinerzeit Günther Wallraff in seinem erschütternden Reportage-Buch Ganz unten.

In harter schwarzweißer Grafik fing Matthias Schultheiss die direkte aber manchmal ganz schön schräge Erotik, aber auch die Atmosphäre der Scheißjob-Geschichten von Bukowski perfekt ein. Die 1984 in zwei Bänden bei Heyne erschienenen Comicadaptionen haben nichts von ihrem Reiz verloren. Da sie schon lange vergriffen sind, hätten sich viele Comicfreunde über eine Neuauflage gefreut.

Doch der für seine in beeindruckenden Farben direkt kolorierten Comics bekannte Schultheiss hat sich eine große Meisterschaft bei der Nachbearbeitung am Computer erarbeitet. Vierzig Jahre nachdem er die schwarzweißen Bukowski-Seiten zu Papier brachte, garnierte er diese noch unaufdringlich mit genau den richtigen Farbtönen. Dadurch wird die großartige Grafik nicht zugekleistert, sondern die beeindruckende Wirkung der Bilder noch verstärkt.

Heiner Lünstedt

„Kaputt in der City“ als kolorierte Neuausgabe bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Die vertriebenen Kinder

Es gab eine Zeit, da waren in der Wetterkarte der westdeutschen Tagesschau keine Ländergrenzen eingezeichnet, und in den Schulen hingen Landkarten, auf denen ganze Landstriche als “zurzeit unter polnischer Verwaltung“ markiert waren.

Dies hing mit einflussreichen Vertriebenen-Verbänden zusammen, die beständig forderten, dass die “Ostgebiete“ wieder “heim ins Reich“ kommen. Daher zuckt es bei mir immer noch ein wenig, wenn es um die zweifelsohne tragischen Schicksale von deutschen Kindern geht, die am Ende des zweiten Weltkriegs aus ihrer osteuropäischen Heimat vertrieben wurden.

Doch der Comic Die vertriebenen Kinder verfolgt keine revanchistischen Absichten, sondern ist ernsthaft an den Lebensläufen von fünf ZeitzeugInnen interessiert, die 1945 gezwungen wurden, ihre im heutigen Tschechien gelegene Heimat zu verlassen und ins zerbombte Deutschland zu ziehen.

Im Vorwort schreibt der Prager Dokumentarist Jan Blažek, der die diesem Comic zugrundeliegenden Interviews führte, dass einer der Befragten von ihm wissen wollte, warum ihn diese Thematik “als Tscheche überhaupt interessiert“. Blažek fiel kein Grund, warum ihm das (als Tscheche) nicht interessieren sollte, und er antwortete: “Mich interessiert das einfach als Mensch.“

Der Schriftsteller und Kinderbuchautor Marek Toman verarbeitete fünf der Interviews zu Comic-Szenarios, die die jungen tschechischen ZeichnerInnen Jakub Bachorík, Magdalena Rutová, Stanislav Setinský, Františka Loubat und Jindřich Janíček in sehr individuellen Stilen zu Papier brachten. Gelegentlich steht der Anspruch einen eigenen Stil zu präsentieren der Lesbarkeit etwas im Wege.

Doch drei der in diesem Band enthaltenen Comicgeschichten gehen wirklich schwer zu Herzen und lassen unweigerlich auch an das Schicksal von zahlreichen heutigen Flüchtlingen denken. Zum Comicfestival München zeigt das Sudetendeutsche Haus vom 1. bis zum 31. Juni 2023 eine Ausstellung zu Die vertriebenen Kinder.

Heiner Lünstedt

“Die vertriebenen Kinder″ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Fix und Foxi – Die Bibliothek der Comic-Klassiker

Nach Bänden zu Popeye, Hägar, Prinz Eisenherz, Strizz oder Nick Knatterton erscheint in einem etwas kleineren Format von 20 x 25 cm eine besonders interessante Ausgabe von Carlsens Reihe Die Bibliothek der Comic-Klassiker.

Das Expertenteam Martin Budde, Volker Hamann, Klaus Wintrich und Gerd Pircher hatte die Qual der Wahl. Auf 300 Seiten präsentieren sie Highlights aus den Comicheften, die Rolf Kauka zwischen 1953 und 1971 an die Kioske brachte.

Die erste Hälfte des Buchs ist natürlich den Fuchs-Zwillingen Fix und Foxi gewidmet, die schon nach zwei Jahren zu den Titelhelden von Rolf Kaukas Comicheft Eulenspiegel wurden und sich zur Freude der Leser mit dem immer sympathischer werdenden, ebenfalls eine Latzhose tragenden, Wolf Lupo herumärgern.

Interessanter als die beiden Hauptfiguren sind jedoch die zahlreichen im Auftrag von Kauka entstandenen Nebencharaktere. Dieser Band enthält auch Geschichten mit dem Raumfahrer Mischa, dem kleinen Maulwurf Pauli, den Westernhelden Tom und Biber und dem von Florian Julino geschaffenen Teufelchen Diabolino.

Das schön zusammengestellte Buch beweist, dass sich diese Comicfiguren – sofern sie von Meistern ihres Fachs wie Walter Neugebauer, Branko Karabajić oder Riccardo Rinaldi in Szene gesetzt wurden – immer noch problemlos gegen die seinerzeit ebenfalls in Fix und Foxi veröffentlichten großen belgischen Klassiker wie Spirou, Lucky Luke oder Die Schlümpfe behaupten können.

Heiner Lünstedt

„Fix und Foxi – Bibliothek der Comic-Klassiker“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Benni Bärenstark Gesamtausgabe 3

Die böse Demonia bringt den kleinen Benni Bärenstark durch eine herzergreifende Lügengeschichte dazu, aus einem Museum einen afrikanischen Fetisch zu stehlen. Die Zauberkräfte des Kultgegenstandes setzt Demonia ein, um Prominente zu erpressen. Als Benni herausbekommt, dass seine Naivität für üble Zwecke ausgenutzt wurde, lässt er es richtig krachen…

Dieses in allerbester frankobelgischer Tradition stehende Funnyabenteuer schrieb Schlumpf-Schöpfer Pierre Culliford alias Peyo 1978 zusammen mit Albert Blesteau. Der gebürtige Bretone setzt den Comic in Szene und wurde auf dem Cover des Albums gleichberechtigt neben Peyo genannt.

Doch Der Fetisch ist das einzige Album, das dieser 220 Seiten umfassende dritte Band der Gesamtausgabe von Benni Bärenstark enthält. Präsentiert werden neben der recht netten achtseitigen Weihnachtsgeschichte Spielzeug(en) einige Werbecomics mit dem kleinen Superhelden, die zwischen 1975 und 1978 entstanden sind. Am Rande der Peinlichkeit bewegt sich die Geschichte Benni und Benco, die den kleinen Jungen an der Seite einer orangenen Plastikflasche mit Malz-Kakao-Getränkepulver auf alte Weggefährten treffen lässt.

Natürlich gehört auch so ein erschreckend plumper Reklame-Comic in eine Gesamtausgabe von Benni Bärenstark. Ob es jedoch tatsächlich nötig gewesen wäre, auf mehr als 100 Seiten die Serie Pierrot und die Lampe komplett abzudrucken, darüber kann sich gestritten werden. Diese Geschichten über einen kleinen Jungen und einen noch kleineren Lampengeist, entstanden für die Comicbeilage des Waschmittels Bonux und verfügen nur anfangs über einen gewissen Unterhaltungswert und den liebenswerten Peyo-Touch.

Doch diese Werbecomics verdeutlichen, dass Peyo nicht nur Comicverlage mit Content versorgte, sondern immer stärker sein eigenes Ding durchzog. Passend hierzu bietet das hochinteressante Bonusmaterial dieses Buchs einen Einblick in die Werkstatt von Peyo. Der begnadete Comicschöpfer war seinerzeit hauptsächlich mit der Vermarktung der Schlümpfe beschäftigt. Die Arbeit an den zugehörigen Comics und an Serien wie Benni Bärenstark delegierte an Zeichner wie François Walthéry oder Albert Blesteau.

Letzterer zieht aus seiner Zusammenarbeit mit den Comicmeister ein erschreckendes Resümee: “Peyo habe ich in seinem besten Alter kennengelernt, aber er wirkte wie ein Zombie. Nachmittagsschlaf mit Hilfe von Medikamenten, aufwachen mit Hilfe von Medikamenten. Das war nicht das Leben, wie ich es mir wünsche.“

Heiner Lünstedt

„Benni Bärenstark – Gesamtausgabe 3“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

Manuele Fior: Hypericum

Der im italienischen Cesena geborene Manuele Fior lebte Anfang unseres Jahrtausends eine Weile in Berlin. Dort arbeitete er als Architekt und Illustrator. Er brachte aber auch einige kürzere Comics zu Papier, bevor 2005 seine erste Graphic Novel Menschen am Sonntag erschien. Fior zog weiter nach Oslo und Paris, wo Meisterwerke wie Fräulein Else oder Fünftausend Kilometer in der Sekunde entstanden sind. Heut lebte er mit seiner Familie in Venedig, doch in seinem neusten Comic kehrt er nach Berlin zurück.

Hypericum erzählt zwar anfangs und danach immer wieder in kürzeren Einschüben davon, wie der Ägyptologe Howard Carter 1922 das Grab von Tutanchamun entdeckt, doch hauptsächlich feiert Fior das Berlin seiner Jugendzeit.

Im Zentrum steht die Italienerin Teresa, die in der deutschen Hauptstadt einen Job antritt, auf den sie zielstrebig zugearbeitet hat. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin eines Museums bereitet sie eine Präsentation jener Fundstücke vor, die Carter in der Grabkammer des Pharaos entdeckt hat.

Einer Karriere als Kuratorin steht eigentlich nichts mehr im Wege, außer ein gewisser Ruben. Diesen hat es als Italiener ebenfalls nach Berlin verschlagen, doch im Gegensatz zu Teresa lässt er sich einfach treiben und lebt in den Tag hinein.

Diese Lebensweise fasziniert die junge Frau. Sie zieht zu Ruben in ein besetztes Haus und verliert ihre ehrgeizigen Ziele immer mehr aus den Augen. Fior erzählt eine faszinierende Liebesgeschichte, die Erotik nicht ausspart. Hypericum ist ein Rausch aus Farben und Fakten.

Heiner Lünstedt

„Manuele Fior: Hypericum“ bei AMAZON bestellen, hier anklicken

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner