Garth Ennis: Streets of Glory

Bei den meisten Veröffentlichungen des US-Verlags Avatar Pressie ist es meistens nicht die Optik, die die Comics zu etwas Besonderem macht. Dies ist auch bei Streets of Glory der Fall, denn die Zeichnungen von Mike Wolfer wirken trotz knalliger Kolorierung etwas steif.

Softcover-Cover

Die Avatar– Comics nehmen aber auch ansonsten wenig Rücksicht darauf, was der durchschnittliche Comicleser erwartet. Daher hat der Provokationen nicht abgeneigte, aus Nordirland stammende Wahl-New-Yorker Garth Ennis (Preacher, The Boys) dort bereis allerlei beachtliche Werke veröffentlicht, wie etwa Crossed, Rover Red Charlie, Code Pru oder die letzte Staffel seiner War Stories.

Streets of Glory spielt 1899 und ist ein Spätwestern, der Erinnerungen weckt an John Waynes letzten Film The Shootist. Zentrale Figur des nicht mit Gewalttätigkeiten geizenden Comics ist Joe Dunn, der sich als Soldat, Gesetzeshüter und Kopfgeldjäger nur selten zivilisiert benommen hatte. Dadurch trug er maßgeblich dazu bei, dass die Zivilisation im einst wilden Westen Einzug gehalten hat und es keinen Platz mehr für ihn gibt.

Daher reitet er nach Gladback in Montana, um noch einmal die Frau zu besuchen, die vor 20 Jahren liebte, aber verließ als es kompliziert wurde. Shelley ist mittlerweile als Ärztin tätig und konfrontiert Dunn damit, dass er Vater einer erwachsenen Tochter ist. Die Begegnung weckt Hoffnung auf ein paar glückliche letzte Jahre, doch natürlich gönnt Ennis seinem müden Antihelden kein Happy End.

Hardcover-Cover

Zeit um die gewaltigen Risse in seiner Beziehung zu Shelley zu kitten, findet Dunn kaum. Er muss sich mit dem brutal durch die Gegend metzelnden abtrümmigen Apachen Red Crow auseinandersetzen und – schlimmer noch – mit dem intriganten Spekulanten Morrison. Garth Ennis garniert seine Geschichte mit einer im Jahre 1959 spielenden Rahmenhandlung, durch die zu erfahren ist, was aus den interessanten Nebencharaktern geworden ist.

Art-Print

Das Sahnehäupchen ist – wie oft beim Dantes Verlag – ein Anhang mit Infos des Übersetzers Jens R. Nielsen zu den historischen Hintergründen der Story. Den Comic gibt es auch als auf 222 Exemplare limitierte Hardcover-Ausgabe mit Variant-Cover und Art-Print.

Heiner Lünstedt

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Manfred Schmidt: Nick Knatterton

Dieses querformatige Buch enthält nicht nur – in angemessener Größe abgedruckt – sämtliche achtzehn Nick Knatterton-Abenteuer, die zwischen Dezember 1950 (Der Schuss in den künstlichen Hinterkopf) und Dezember 1964 (Das Verbrechen der losen Schraube) in der Illustrierten Quick erschienen sind. Hinzu kommt noch ein mindestens ebenso amüsantes Vorwort von Manfred Schmidt, dem Schöpfer des Meister-Kombinierers mit der karierten Schiebermütze.

“Der Zufall ließ mir kurz nach dem Kriege ein buntes, aus dem USA importiertes Heftchen mit dem Titel Superman in die Hände fallen. Das war eine Bildergeschichte, wo den handelnden Personen textgefüllte Blasen aus Mund, Nase, Ohren oder Stirn quollen, je nachdem ob sie etwas sagten, hörten, rochen oder gar dachten.“ Obwohl Manfred Schmidt wahrscheinlich nicht wirklich “Riechblasen“ an Supermans Nase entdeckt hatte und er den Comics immerhin eine “fast 95-prozentige Lesezeitersparnis“ zugestand, beschloss er “diese primitivste aller Erzählformen so gründlich zu parodieren, dass den Leuten die Lust an der blasenreichen, auf Analphabeten zugeschnittenen Stumpfsinnliteratur verging.“

Der Erfolg gab Manfred Schmidt Unrecht. Nick Knatterton wurde zu einem gewaltigen Erfolg und zwang Schmidt sich immer wieder aufs Neue als Stumpfsinnsliterat zu betätigen. Angeblich erst ein psychiatrisches Gutachten, das Schmidt bestätigte aus “inneren Widerwillen gegen die Knatterton-Zeichnerei“ unfähig zu sein einen Bleistift zu halten, entließ ihn aus der ungeliebten Pflicht.

Schmidt, der im eigenen Trickstudio auch die Figuren von Loriot und Mordillo animierte, drehte aber immerhin noch einige Nick Knatterton-Cartoons, bevor er am 28. Juli 1999 verstarb. Die ein Jahr später entstandene äußerst peinliche Nick Knatterton-Verfilmung erlebte er zum Glück nicht mehr. Die 1959 entstandene Verfilmung Nick Knattertons Abenteuer – Der Raub der Gloria Nylon liegt mittlerweile auf DVD und Blu-ray vor.

Carlsen veröffentlicht eine Gesamtausgabe von Nick Knatterton im Rahmen der Reihe Die Bibliothek der Comicklassiker. Genau wie die bereits erschienenden Bände zu Prinz Eisenherz, Hägar oder Popeye steckt auch dieses Buch in einem sehr schön von Thomas Gilke gestalteten Schuber, der es ermöglicht den Comic hochkant oder querformatig ins Reagal zu stellen.

Heiner Lünstedt

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Alien: Blutlinien

Nachdem Marvel Anfang 2015 das Veröffentlichen der Star-Wars-Comics übernommen hat, erscheinen dort jetzt ebenfalls exklusiv die Geschichten mit dem von HR Giger geschaffenen Alien-Kreaturen. Die Rechte an beiden Franchises lagen zuvor beim Verlag Dark Horse.

Cover von In-Hyuk Lee

Während die großartige Comic-Adaption von Ridley Scotts Film Alien 1979 zeitgleich zum Kinostart vom Magazin Heavy Metal veröffentlich wurde, veröffentlichte Dark Horse seit 1988 beeindruckende Comics wie Aliens: Dead Orbit oder Alien: Die Urfassung.

Alien-Panorama von Salvador Larroca

Auch Marvel hat sich große Mühe bei seiner ersten Alien-Serie Bloodlines gegeben und die Veröffentlichung der sechs Hefte mit etlichen Variantcovern von Künstlern wie Adam Kubert, Carlos Pacheco, Olivier Coipel, Skottie Young oder Gabriele Dell’Otto flankiert.

Variantcovere von Gabriele Dell’Otto

Doch nicht nur die Verpackung überzeugt, sondern auch der Inhalt. Die Handlung spielt 2200, also knapp 80 Jahre nach den in Ridley Scotts Kinofilm geschilderten Ereignissen. Einmal mehr sind weniger die nahezu unbesiegbaren Aliens die Schurken, sondern der britisch-japanische Megakonzern Weyland-Yutani, der ohne Rücksicht auf das Wohl seiner Mitarbeiter versucht aus geklonten Außerirdischen Waffe zu machen.

Der Androide Bishop ist jetzt Psychologe.

Zentrale Figur der Geschichte ist Gabriel Cruz, der auf der Forschungsstation Epsilon als Sicherheitschef für Weyland-Yutani arbeitete und zur Erde zurückkehrt um Frieden mit seinem Sohn Danny zu schließen. Doch dieser hat sich Terroristen angeschlossen, die die gefährlichen Experimente mit Alien-Genen auf Epsilon beenden wollen. Gabriel Cruz kehrt zurück in den Weltraum um zu retten, was zu retten ist…

Paninis Variantcover-Edition

Die von Phillip Kennedy Johnson (Marvel Zombies) geschriebene und vom Spanier Salvador Larroca (X-Men: Der letzte Mensch) imposant in Szene gesetzte Geschichte liest sich wie ein Alien-Film, der sich nicht vor seinen Vorgängern verstecken muss. Wer diesen Meilenstein des Alien-Franchises in seine Sammlung aufnehmen möchte, dem sei Paninis mit einem imposanten Cover von Gabriele Dell’Otto versehene und auf 333 Exemplare limitierte Variant-Edition empfohlen.

Heiner Lünstedt

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Jan Reiser: Lurchis Höhlenabenteuer

Mit Heft 167 wird die seit 1937 laufende Serie Lurchis Abenteuer fortgesetzt. Mit Höhlenabenteuer erscheint nach Lurchis Luftpost das zweite lustige Salamandaheft von Jan Reiser (Sticks & Fingers,  De Gschicht vom Brandner Kasper, Der kleine Lord), der im Frühjahr 2022 das Erbe des ein Jahr zuvor verstorbenen Zeichners Dietwald Doblies angetreten hatte. Auch bei Reiser überzeugt die Panelaufteilung und alle Figuren sind sehr gut in Szene gesetzt.

Team Lurchi unternimmt diesmal einen Ausflug in eine Grotte. Alle sind gut ausgerüstet mit Helmen, Lampen, Kompass und einer Karte. Nachdem Hopps sich gegen eine Wand gelehnt hat und diese nachgibt, entdecken die sieben Freunde ein neues Tunnelsystem. Sie möchten dieses erkunden, doch ist das eine gute Idee?

Es kommt, wie es kommen muss und die Gruppe verirrt sich hoffnungslos. Doch zum Glück (Vorsicht, Spoiler!) hat Mäusepiep die ganze Zeit Nüsse geknabbert und sie brauchen nur dem Weg der Schalen zurück folgen: Gerettet! … und so heißt es diesmal: „Und lang schallt’s noch im finstren Loch: „Mäusepiep – er lebe hoch!“

Geschichten, die in Höhlen spielen habe eine lange Tradition bei Lurchi. Unvergessen Franz Schubels Heft Nummer 33 von 1965, in dem die Freunde ebenfalls in einer Tropfsteinhöhle gefangen sind und noch zu allem Unheil eine Begegnung mit einem Bären hatten. 2015 gab es mit Heft 154 die Geschichte Lurchi in der Drachenhöhle.

Wer sich die Wartezeit auf das nächste Heft verkürzen möchte, der kann ja auf die neuen Hörspiele von Lurchi zurückgreifen.

Norbert Elbers

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Swamp Thing von Alan Moore

Mitte der 80er-Jahre hatte Martin Pasko kein Interesse daran für DC weitere Geschichten mit Swamp Thing zu schreiben. Len Wein, der das Ding aus den Sümpfen gemeinsam mit dem Zeichner Bernie Wrightson geschaffen hatte rief daher in Großbritannien bei Alan Moore (Watchmen, V For Vendetta) an, dessen Arbeiten im Magazin im Magazin 2000 AD ihm gefallen hatten.

Als sich Len Wein meldete, legte Moore sofort auf, denn er glaubte ein Freund würde ihm einen Telefonstreich spielen. Doch durch zwei weitere Anrufe überzeugte Wein den Briten nicht nur davon, dass er wirklich an der Strippe war, sondern es gelang ihn auch Moore als neuen Autor für Swamp Thing zu verpflichten.

The Saga of Swamp Thing # 20 erschien im Januar 1984 und war das erste von Alan Moore geschriebene US-Heft. Auf sehr unorthodox gestalten Comicseiten wurden ab jetzt erstaunliche Geschichten mit „sophisticated suspense“ (so der neue Untertitel der Serie) erzählt. Moores Swamp Thing war nicht mehr der Wissenschaftler Alec Holland, der zu einem Pflanzenmonster geworden war, sondern die Gewächse des Sumpfes hatten sich in ein menschenähnliches Wesen verwandelt. Moore erzählte auch davon, wie Swamp Thing die Gebeine von Holland zu Grabe trug.

Außerdem machte Moore die attraktive weißhaarige Abigal Arcane zu Swamp Things fester Freundin. Wichtiger war jedoch, dass John Constantine in The Saga of Swamp Thing # 37 debütieren. Der zunächst wie der Musiker Sting aussehende Magier machte bei DC und Vertigo Karriere. Der Mann aus Liverpool im Trenchcoat ging Swamp Thing zwar mächtig auf die Nerven, zeigte ihm aber auch, dass er in Windeseile an jedem Ort der Erde aus dem Boden wachsen kann.

Len Wein war begeistert von Alan Moores Geschichten: “Die Änderungen, die er an Swamp Thing vornahm, trugen dazu bei, die Kunstform Comic zu revolutionieren, seine Sprache war reine Musik. Unter Alan gedieh die grafische Erzählung und die Comic-Industrie war seitdem nicht mehr dieselbe.“

Neue Kolorierung von Steve Oliff

Panini veröffentlicht in drei wuchtigen Hardcoverbänden Alan Moores komplette Swamp-Thing-Saga. Enthalten ist auch hochinteressantes Bonusmaterial, doch noch wichtiger ist die neue Optik der Comics. Während Moores Stories immer noch Avantgarde sind, können die Zeichnungen von Stephen R. Bissette, John Totleben & Co. heute kaum noch begeistern.

Dies wird jedoch aufgefangen durch die großartige neue Computer-Kolorierung von Steve Oliff, dessen Farben 1987 maßgeblich dazu beigetragen hatten, dass Katsuhiro Otomos Manga-Epos Akira auch im Westen zu einem großen Erfolg wurde.

Heiner Lünstedt

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Flix: Das Humboldt-Tier

2018 war es eine große Überraschung als Flix (Schöne Töchter) mit Spirou in Berlin ein Album der großen frankobelgischen Comicserie schreiben und zeichnen durfte. Da seine großteils in der noch existierenden DDR spielende Geschichte auch den Lesern in Frankreich und Belgien gefiel, war der Rechteinhaber Dupuis nicht abgeneigt ein weiteres Spirou-Album von Flix zu veröffentlichen.

Doch der Wahlberliner hoffte darauf, eine Geschichte mit dem von André Franquin geschaffenen langschwänzigen Wundertier zu erzählen und hatte auch bereits eine Idee dazu. Dupuis gab grünes Licht und – genau wie zuvor bereits Zidrou und Frank Pé in Die Bestie – erzählt Flix von einem Marsupilami, das nicht jenes war, das Spirou und Fantasio seit dem Album Eine aufregende Erbschaft bei ihren Abenteuern zur Seite steht.

Flix überrascht dadurch, dass er seine Geschichte im Dezember 1801 in Südamerika beginnen lässt. Der Naturforscher Alexander von Humboldt entdeckt dort eine seltsame Mumie. Dass diese dem einbalsamierten Inka-Herrscher Rascar Capac aus Hergés Tim-und-Struppi-Abenteuer Die sieben Kristallkugeln ähnlich sieht, ist die erste der zahlreichen Anspielungen, die Flix in seiner Geschichte versteckt hat. Hunboldt trifft auf seiner Expedition auch auf ein Marsupilami, das er zusammen mit der Mumie in eine seiner zahlreichen Kisten sperrt.

Nach zwölf Seiten gibt es einen Zeitsprung ins Berlin des Jahres 1931 und im Zentrum der Geschichte steht jetzt die kleine Mimmi. Diese scheint eine Anspielung in eigener Sache zu sein, denn sie erinnert an Josi aus Flix‘ Comicstrip Glückskind. Mimmi macht im Naturkundemuseum eine Entdeckung in einer der angeblich bis heute noch nicht geöffneten Kisten, die Humboldt von seinen Expeditionen mitbrachte. Darin befindet sich ein Marsupilami, das sich dank der Mumie erstaunlich gut gehalten und Berlin unsicher macht…

Alle Abbildungen: ©Flix/Dupuis/Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2022

Auf 64 teilweise großartig layouteten Seiten gelang Flix ein originell und turbulent erzähltes Album, das locker bei dem mithalten kann, was aktuell an Spirou-Comics erscheint.

Heiner Lünstedt

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Green Lantern: Beware my Power

Anfang der 70er-Jahre wirkten DC-Comics im Vergleich zu den hart am Puls der Zeit erzählten Geschichten aus dem Hause Marvel brav und spießig. Dies änderte sich als Dennis O’Neil und Neal Adams in den Ring stiegen. In der Storyline HardTraveling Heroes konfrontierten sie Green Lantern zunächst damit, dass er sich zwar rührend um Wesen mit blauer, oranger oder violetter Hautfarbe kümmert, aber nie um die Schwarzen auf der Erde.

“Nicht weil wir liberal sind, sondern weil es Sinn macht“ ernannten O’Neil und Adams kurz darauf den Afroamerikaner John Stewart zur neuen Green Lantern. Dieser Vorgang wird im Bonusmaterial zu Green Lantern: Beware my Power, dem 44. Beitrag zur Reihe DC Universe Animated Original Movies, gebührend gefeiert. Im halbstündigen Bericht John Stewart: The Power and the Glory loben Comickünstler wie Dave Gibbons, Jim Lee oder Geoff Jones DC für die “Green Lantern of Colour“.

Auch der Animationsfilm Green Lantern: Beware my Power startet in dieser Hinsicht vielversprechend und schildert erstaunlich bodenstämmig, wie schwer es dem ehemaligen Elitesoldaten John Stewart fällt, sich im Zivilleben zurechtzufinden. Doch schon kurz darauf. stürzt ein Raumschiff in unmittelbarer Nähe von Stewards Behausung ab und der Ex-Marine bekommt einen Kraftring verpasst. Gemeinsam mit Green Arrow und Hawkgirl erlebt er ein galaktisches Abenteuer, das wenig mit den Problemen auf unserer Erde zu tun hat…

Die Blu-ray von Warner (eine DVD gibt es nicht) enthält neben dem 88-minütigen Hauptfilm noch dieses Bonusmaterial: „John Stewart: Macht und Ruhm“ (31:02 min, wie alle Extras wahlweise mit deutschen Untertiteln), Der Zweiteiler „Justice League: In Blackest Night: Part“ aus der Trickfilmserie “Justice League“

Heiner Lünstedt

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Spider-Man: Die Geschichte eines Lebens

In achtzehn Jahren zeichnete Mark Bagley 111 Hefte der Serie Ultimate Spider-Man. Autor Brian Michael Bendis ließ sich hier sehr viel Zeit um davon zu erzählen, wie Peter Parker zum Netzschwinger wurde. Spider-Man: Die Geschichte eines Lebens scheint eine Art Gegenkonzept zu sein, denn in nur sechs Comicheften lässt Chip Zdarsky 53 Jahre verstreichen.

Während Peter Parker ansonsten bei Marvel seit seinem ersten Auftritt im Jahre 1962 kaum alterte und ewig ein junger Erwachsener blieb, ist er bei Zdarsky im Jahre 2019 ein alter Mann. Die Miniserie erzählt quasi Spider-Man in Echtzeit. Chip Zdarsky versucht alle Highlights der Serie, wie den Tod von Gwen Stacy, die Klonsaga, das schwarze Kostüm, Kraven den Jäger und auch den jugendlichen Nachfolger Miles Morales einzuarbeiten.

Zugleich geht die Serie aber auch auf historische Ereignisse, wie den Krieg in Vietnam ein, und entfesselt bereits 1967 den erst vier Jahrzehnte in den Comics gestarteten Civil-War-Konflikt zwischen Captain America und Iron Man. Dadurch entsteht ein (weiteres) alternatives Marvel-Universum, dessen am Rande erzählten Episoden teilweise stärker fesseln als die zwangsweise etwas hektisch erzählte neue Spider-Man-Saga.

Doch die großartigen Zeichnungen von Mark Bagley sorgen für Kontinuität im Chaos. Panini präsentiert eine gebundene Neuausgabe, die als Bonus noch das 2021 erschienene Spider-Man Live Story Annual 1 enthält, in dessen Zentrum der alternative Lebenslauf von J. Jonah Jameson steht.

Hinzu kommen noch faszinierende Variantcover von Meistern ihres Fachs wie Skottie Young oder John Romita JR., sowie Hintergrundinfos zu den vom auch als Zeichner aktiven Chip Zdarsky gestalteten Titelbildern.

Falls Spider-Man: Die Geschichte eines Lebens nicht zu einem Marvel-Meilenstein werden sollte, hat es garantiert nicht an dieser großartigen Edition gelegen.

Heiner Lünstedt

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Swamp Thing – Classic Collection

1971 erzählten der Autor Len Wein und der Zeichner Bernie Wrightson die tragische Geschichte vom Wissenschaftler Alex Olsen. Dieser wurde im vorletzten Jahrhundert von seinem angeblichen Freund Damian umgebracht, da es dieser auf dessen Frau Linda abgesehen hatte. Damian vergrub Alex in den Sümpfen von Louisiana.

Der Verstorbene ging eine Metamorphose mit den wilden Sumpfblüten ein, wurde zum mächtigen Swamp Thing und rächte sich an seinem Mörder. Doch das entfremdete Alex von seiner Frau und traurig ging das Ding zurück zu “seinem einzigen Freund“, dem Sumpf…

Diese im DC-Heft House of Secrets 92 auf nur acht Seiten erzählte Geschichte wurde zu einem gewaltigen Erfolg und die Leserschaft verlangte Nachschub. Nach anfänglichem Zögern machten sich Wein und Wrightson daran, aus Swamp Thing einen Serienhelden zu machen.

Sie verlagerten die Geschichte in die damalige Gegenwart und ließen diesmal den Biologen Alec Holland zum tragisches Ungetüm werden. Er traf auf ein nur leicht modifiziertes Monster von Frankenstein, aber auch auf Batman. Nach zehn Heften verließ Wrightson die Serie und drei Ausgaben später ging auch Len Wein von Bord. 1976 war dann erst einmal Schluss mit Swamp Thing.

Als 1982 ein von Wes Craven (Scream) gedrehter gar nicht einmal so guter Film in die Kinos kam, wurde der Comic unter dem Titel The Saga of the Swamp Thing neu gestartet. So richtig ab hob die Serie jedoch erst, nachdem der Brite Alan Moore (Watchmen) mit Heft 20 seinen ersten US-Comic textete. Er blieb der Serie bis 1987 treu und führte dabei ganz nebenbei den Detektiv und Magier John Constantine ein.

Die zehn von Wrightson gezeichneten und die von Moore getexteten Comics mit Swamp Thing wurden bei uns bereits in den 90er-Jahren veröffentlicht. Was zwischendrin mit dem “Ding aus den Sümpfen“ (so der Untertitel der Carlsen-Ausgabe) geschah, kann erst jetzt bei Panini in einer Classic Collection auf 900 Seiten nachgelesen werden, die neben den von Wrightson gezeichneten Comics auch noch die Comicadaption des Craven-Films enthält.

Es ist schon ein ziemlicher Bruch zu spüren, als das Artwork in Ausgabe 11 nicht mehr von Wrightson, sondern vom philippinischen Zeichner Nestor Redondo stammt. Swamp Thing ist plötzlich kein mysteriöses Pflanzenwesen mehr, sondern ein grünhäutiger Muskelprotz. Doch Redondo verpasste dem Sumpfmonster schon recht bald wieder den gewohnten Look, während die meistens von David Michelinie verfassten Stories durchaus bei der Fabulierfreude von Len Wein mithalten können.

Beim Neustart der Serie als The Saga of the Swamp Thing wurden die fast immer von Martin Pasko geschriebenen Geschichten zunächst von Thomas Yeates zu Papier gebracht, der seit 2012 auch die neuen Abenteuer von Prinz Eisenherz zeichnet. Während Yeates recht ansprechende Titelbilder gelangen, wirken seine routiniert ausgeführten Comicseiten oft etwas steril. Paskos Geschichten hingegen sind gelegentlich ganz schön wirr und seine in Bayern angesiedelte Storyline erzählt nicht immer geschmackssicher auch vom Holocaust.

Nach einem kurzen recht ansehnlichen Gastspiel der Brüder Scott & Bob Hampton übernahmen ab 1983 Stephen R. Bisette und John Totleben das immer wilder wuchernde Artwork. Dabei wird schon auf den Einsatz von Alan Moore eingestimmt. Die Lektüre der letzten Hefte der Deluxe Edition erleichtert den Einstieg in Paninis dreibändige Edition mit allen von Moore geschriebenen Swamp-Thing-Comics, für die sogar eine ansehnliche Neukolorierung spendiert wurde.

Heiner Lünstedt

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W.I.T.C.H.

Die 2001 gestartete Comicserie W.I.T.C.H. wurde international und medienübergreifend zu einem großen Erfolg. Dabei waren es weniger die sowohl an Shōjo-Mangas wie auch an Harry Potter angelehnte Geschichte, die überzeugte, sondern das wunderschöne Artwork, das auch durch die plastische Kolorierung an Disneyfilme denken lässt.

Dies verwundert nicht weiter, denn W.I.T.C.H. – zusammengesetzt aus den Vornamen der Mädchen Will, Irma, Taranee, Cornelia und Hay-Lin – entstand als Disney-Produktion in Italien. Hier werden schon seit Jahrzehnten in Eigenregie mehr Disney-Comics als in den USA produziert, man denke nur an die Lustigen Taschenbücher.

Leider sind Alessandro Barbucci und Barbara Canepa, die Schöpfer der Serie 2004 ausgestiegen, da Disney ihnen die Rechte an ihren Figuren nicht zugestehen wollte. Mittlerweile wird die Disney-Direktorin Elisabetta Gnone als alleinige “Entwicklerin“ der Serie genannt, während Barbucci und Canepa große Erfolge mit Comics wie Monster Allergy, Sky Doll, Ekhö-Spiegelwelt oder End feiern.

Auch ohne Barbucci und Canepa lief W. I. T. C. H. erfolgreich weiter und wurde 2004 auf dem Comic Salon in Erlangen als beste Serie für Kinder und Jugendliche ausgezeichnet. Ab 2013 wurden keine weiteren Comics produziert und aktuell startet W. I. T. C. H. bei Egmont als voluminöse Hardcoverausgabe mit den klassischen Comics neu.

Heiner Lünstedt

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