Gwendoline

Der Comiczeichner Timo Wuerz (Black Metal, Ghost Realm) schuf in letzter Zeit zu Filmen wie An American Werewolf in London, Candyman oder Roger Cormans Die Verfluchten einige äußerst gelungene Blu-ray-Cover, die sich nicht vor den klassischen Filmplakaten von Renato Casaro verstecken müssen.

Cover A von Timo Wuerz

Bei der Mediabook-Veröffentlichung zu Gwendoline passt es besonders gut, dass Wuerz auch hier eins der Cover-Motive gemalt hat, denn beim Film handelt es sich um eine Comicverfilmung. Es sei noch angemerkt, dass das Cover von Wuerz sehr viel gelungener ist, als die zur Premiere des Films produzierten Werbematerialien.

Cover C

Juss Jaeckin, der Regisseur von Emmanuelle und Die Geschichte der O, verfilmte 1984 John Willies Comic-Serie Sweet Gwendoline, die fast ausschließlich davon handelt, dass die Titelheldin gefesselt und geknebelt wird. Jaeckin hingegen drehte einen Film, dessen erste Hälfte sehr deutlich von Steven Spielbergs im selben Jahr gestarteten Jäger des verlorenen Schatzes inspiriert wurde.

Wenn nach einigen recht konventionell erzählten Abenteuer-Episoden die Titelheldin (Tawny Kitaen), ihre Zofe Beth (Zabou) und der Glücksritter Willard (Brent Huff) im Lande Yik-Yak in einer unterirdischen Stadt landen, geht die Geschichte schon etwas mehr in Richtung Bondage und Sado-Maso.

Für das Design der fast nur von Frauen bevölkerten Stadt verpflichtete Jaeckin die Comickünstler Françoise Schuiten (Atlantic 12, Blake und Mortimer: Der letzte Pharao) und Claude Renard, deren gemeinsames Werk Die Medianen von Zymbiola ihm besonders gut gefallen hatte. Schuiten und Renard konnten zunächst nichts mit dem Begriff Bondage anfangen, schufen dann jedoch Entwürfe, die im Film nur in einer abgeschwächten “familienfreundlichen“ Version in einem sehr cleanen Look umgesetzt wurden.

Seinerzeit war Gwendoline kein großer Erfolg und kam in den USA nur in einer gekürzten Fassung in die Kinos. Doch der Film hat sich ganz gut gehalten und wer die erste etwas albern in Szene gesetzte Hälfte überstanden hat, wird belohnt mit ziemlich durchgeknallten Szenen in der Stadt der seltsam oder kaum bekleideten Frauen, die bei Bedarf auch Streitwagen ziehen.

Cover D

Das Mediabook von Camera Obscura enthält neben dem ungekürzten ab 16 freigegebenen 105-minütigen Film dieses Bonusmaterial: Zwei Audiokommentare mit den Darstellern Tawny Kitaen und Brent Huff, sowie mit Regisseur Just Laeckin in englischer Sprache (Untertitel gibt es nur zum zweiten Audiokommentare und den restlichen Extras) , Drei Interviews mit Just Jaeckin 33:32 min + 13:44 min + 24:22 min), Interview mit Produzenten Jean-Claude Fleury (18:08 min), Interview mit Concept Artists Françoise Schuiten und Claude Renard (33:56 min), Interview mit Produktdesignerin Françoise Deleu (18:23 min), ein sehr amüsantes leider viel zu kurzes Interview mit Tawny Kitaen und Brent Huff (4:47 min), Audiointerview mit dem Comic-Schöpfer John Willie (20:56 min), Galerie mit 61 Werbematerialien, Französischer, Deutscher und Englischer Trailer, Booklet mit einem Text von Marcus Stiglegger und Comics von John Willie.

Heiner Lünstedt

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Koren Shadmi: Lugosi

Bela Lugosi spielte 1931 mit Dracula die Rolle seines Lebens. Dies hatte jedoch nicht nur Vorteile für den 1882 in der Heimat des Vampirfürsten geborenen Vollblutschauspieler. Möglicherweise war Lugosis größter Fehler, dass er es ablehnte direkt nach Dracula ein weiteres Universal Monster zu spielen.

Die Rolle von Frankensteins Monster ging daher an Boris Karloff und der Brite wurde dadurch zu Hollywoods beliebtesten Horrorstar. Karloff hatte es 1943 nicht mehr nötig sich für Frankenstein trifft den Wolfsmenschen täglich von Jack Pierce das Monster-Make-Up auftragen zu lassen. Diese zeitaufwändige Prozedur musste stattdessen der nicht mehr allzu angesagte Bela Lugosi über sich ergehen lassen.

Anspruchsvollere Rolle, wie sein kleiner Part als Sowjet-Kommissar in Ernst Lubitschs Ninoschka, waren die Ausnahme. Der schwerkranke Lugosi kam nur noch in Billigproduktionen unter. Drei Jahre nach seinem Tode kam 1959 mit Plan 9 From Outer Space sein letztes Werk in die Kinos, das immer noch als “schlechtester Film aller Zeiten“ gilt.

Mit viel Liebe zum Detail und vor allem zu Lugosi schildert Koren Shadmi (Love Addict) in einer großartigen Comicbiografie “Aufstieg und Fall von Hollywoods Dracula“. Geschickt verschachtelt setzt Shadmi sowohl Lugosis Jugend als auch seine Zeit in Hollywoods Studios und Kliniken in Szene.

Die in gelegentlich leicht rötlichen Grautönen kolorierten Bilder passen perfekt zur Story. Besonders gut gelungen sind Shadmi die Schlüsselszenen aus White Zombie, The Black Cat, Glen or Glenda und natürlich Dracula, die dazu einladen sich diese Lugosi-Filme endlich (mal wieder) anzusehen.

Heiner Lünstedt

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Benni Bärenstark Gesamtausgabe

Nachdem bei Splitter bereits optimal zusammengestellte Gesamtausgaben von Peyos Serien Johann und Pfiffikus und Die Schlümpfe erschienen sind, werden jetzt in sechs Bänden die kompletten Abenteuer von Benni Bärenstark präsentiert. Der Titelheld debütierte 1960 im Magazin Spirou,  heißt im Original Benoît Brisefer („Benedikt Eisenbrecher“) und ist eigentlich ein ganz normaler circa zehn Jahre alter Schuljunge, dessen Eltern nie im Comic zu sehen sind.

Noch bemerkenswerter ist jedoch, dass Benni über erstaunliche Superkräfte verfügt. Er kann erstaunlich hoch springen und ist äußerst kräftig, hat aber auch eine Achillesferse. Sobald er sich erkältet, verschwinden die besonderen Fähigkeiten von Benni. Der erste Band der Gesamtausgabe enthält nicht nur die drei ersten Geschichten Die roten Taxis, Rätsel um Frau Albertine und Bennis zwölf große Taten, sondern auch noch eine dreißigseitige Einführung in die Serie.

Hier kommen erste Entwurfszeichnungen zum Abdruck, die von keinem geringeren als André Franquin (Spirou und Fantasio, Gaston) stammen. Bemerkenswert ist auch, dass erfolgreich dem Eindruck entgegen gewirkt wird, Pierre Culliford alias Peyo hätte diesen ebenso liebens- wie lesewerten Klassiker im Alleingang geschaffen. Er wäre dazu zwar in der Lage gewesen, doch zugleich musste er auch die Nachfrage nach immer mehr Geschichten mit den Schlümpfen befriedigen.

Daher half ihm Willy Maltaite alias Will (Harry und Platte) bei Die roten Taxis und Rätsel um Frau Albertine, indem er die Hintergründe zeichnete. Die Geschichte zu Bennis zwölf große Taten schrieb Peyo gemeinsam mit dem damaligen Spirou-Chefredakteur Yvan Delporte, während François Walthéry (Natascha) die Geschichte in Szene setze und sein Name auch auf dem Cover der Originalausgabe zum Abdruck kam.

Da die ebenso spannenden wie amüsanten Geschichten nichts von ihrem Charme verloren haben, ist es sehr erfreulich, dass der kleinen Superheld im Zentrum einer liebevoll editierten Gesamtausgabe steht!

Heiner Lünstedt

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Das Haus am See

Die von Joe Hill betreute Reihe Hill House beglückte die Leser mit einigen herrlich grausigen Comics wie Ein Korb voller Köpfe oder Im tiefen, tiefen Wald. DC scheint dadurch auf den Geschmack gekommen zu sein und startet ein weiteres Horror-Label. Als erster DC Schocker wird ein fast schon epischer Comic präsentiert, der in zwölf Heften eine ebenso ansprechende wie anspruchsvolle Geschichte erzählt und von mir aus auch gerne als Graphic Novel etikettiert werden kann.

Softcover-Cover

Der vielbeschäftigte Batman-Autor James Tynion IV (Jahr Null, Batman vs. Teenage Mutant Ninja Turtles) erzählt vom etwas seltsamen Walter, der zehn mehr oder weniger guten Bekannten ein Kurzurlaubs-Angebot macht, das diese nur schwerlich ablehnen können. Walter sendet ihnen Fotos von einem luxuriös eingerichteten Haus, das traumhaft an einem See in Wisconsin gelegen ist und verspricht eine unvergessliche Woche.

Damit liegt er völlig richtig, denn während sich die zehn Gäste, die sich nur teilweise kennen, miteinander bekannt machen, passieren (Vorsicht Spoiler!) außerhalb des Luxus-Anwesens schreckliche Dinge und Walter entpuppt sich als jemand, der sehr viel mehr ist, als der angenehme aber etwas passive Mann, der mit großem Interesse die Lebenswege seine Freunde verfolgt.

Geschickt verschachtelt erzählt Tynion vom Aufeinandertreffen der zehn Gäste. Dabei setzt er auch Rückblenden und “Screenshots“ von Online-Kommunikationen ein. Wenn er komplett durchzublicken möchte, ist der Leser immer wieder gezwungen zurückzublättern, um – versehen mit neuen Informationen – einzelne Passagen noch einmal mit neuen Augen zu betrachten. Doch dies ist nicht weiter schlimm, denn die spannende Story geizt nicht mit Überraschungen und die Panel-Gemälde des Spaniers Alvaro Martinez Bueno sind großartig.

Hardcover-Cover

Wahlweise auch als Hardcover präsentiert Panini in einem Sammelband die ersten sechs Hefte von The Nice House on the Lake und liefert als Zugabe noch einige herrlich surreale Variantcover von Künstlern wie David Lafuente oder Javier Rodriguez. Ich fiebere schon dem großen Finale entgegen, das kurz vor Weihnachten erscheint.

Heiner Lünstedt

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Thor: Love and Thunder

Wie bereits in Thor 3: Tag der Entscheidung führte wieder der vielfältig talentierte Neuseeländer Taika Waititi (5 Zimmer Küche Sarg, Jojo Rabbit) Regie. Diesmal verfasste er zudem auch noch gemeinsam mit Jennifer Kaytin Robinson das Drehbuch, was dem Film sehr gut getan hat.

Das Resultat ist sehr viel weniger als ansonsten im Marvel Cinematic Universe üblich ein Sammelsurium voller Anspielungen auf vorherige Filme oder TV-Serien, sondern steht inhaltlich auf eigenen Füßen. So verabschiedet sich Chris Hemsworth als Thor schon nach wenigen Minuten von den Guardians Of The Universe und macht sich zu eigenen Abenteuern auf.

Dabei trifft er wieder auf seine geliebte Jane Foster (Natalie Portman), die sich Thors Hammer Mjölnir unter dem Nagel gerissen hat, um durch dessen Kraft eine Weile zu vergessen, dass sie an Krebs leidet. Jane tritt sogar in einem eigenen Thor-Kostüm an und bricht zusammen mit dem Donnergott, Valkyrie (Tessa Thompson) und dem Steinmenschen Korg (Waititi himself) auf, um eine Gruppe entführte Kinder nach New Asdgard zurückzubringen.

Der Schurke im Film ist diesmal “Gorr the God Butcher“, der von einem kaum zu erkennenden Christian Bale recht intensiv verkörpert wird und dem am Ende des Filmes noch einige beeindruckende Momente zugestanden werden. Taika Waititi gelang eine erstaunlich stimmige Mischung aus Superhelden-Action, Klamauk und Drama!   

Heiner Lünstedt

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Fürst der Füchse – Das Leben des Rolf Kauka

Zeit seines 83 Jahre andauernden Lebens hat es Rolf Kauka vermieden seine Memoiren zu Papier zu bringen. Eine detailverliebte Biografie von Bodo V. Hechelhammer liefert gute Gründe, warum der 2000 verstorbene Vater von Fix und Foxi nicht daran interessiert war, zu erzählen, was er vor 1945 getan hatte.

Kauka war begeisterter Hitlerjunge und glühender Anhänger der Nationalsozialisten. Er machte Karriere in der deutschen Wehrmacht und wurde mit zahlreichen Orden ausgezeichnet. Nach dem Kriege kam es bei Kauka zu keinem Umdenken.

Laut Hechelhammer belog Kauka die alliierten Ermittlern bezüglich seiner braunen Vergangenheit so, “dass sich regelrecht die Balken bogen.“ Diese Taktik trug Früchte, denn “keine der konsultierten Behörden konnte belastende Informationen ermitteln.“ So ist es kein Wunder, dass die erste Comicserie, die Rolf Kauka 1953 herausbrachte, den Titel Till Eulenspiegel trug. Kurz darauf debütierten in dieser Reihe zwei Füchse und der Rest ist deutsche Comicgeschichte.

Natürlich erzählt Hechelhammer auch von der in Lupo modern veröffentlichten, völlig verunglückten Asterix-Übersetzung Siggi und Barbarras. Wer jedoch weitere Details über die Entstehung von Kaukas Comics erfahren möchte, dem sei die Reddition 56: Dossier Rolf Kauka oder die Kataloge Fix & Foxi – Rolf Kaukas großer Welterfolg und Fix & Foxi – Die Entdeckung von Spirou, Lucky Luke und den Schlümpfen empfohlen.

Siggi und Babarras

Doch wer mehr über den Erfolgsmenschen Kauka wissen möchte, der seinen Verlag – aber auch seine Ehefrauen und seine Kinder – mit harter Hand führte, der wird von Bodo V. Hechelhammer sehr gut bedient. Zwar ist etwas zu häufig zu erfahren, welcher heute gar nicht mehr so prominente Gast auf welcher Party anwesend war und wie gut sich Kaukas Pferde auf den Rennbahnen schlugen. Dabei wird aber auch sehr deutlich, mit welchem Tricks Kauka gearbeitet hat und welchen Preis er für seinen Erfolg zahlte.

Eine gnadenlose Abrechnung ist das Buch dennoch nicht, denn bei aller Kritik schwingt auch Bewunderung für einen Mann mit, der sich schon sehr früh als Naturschützer verstanden hatte und auch engagierte. Als Kauka seinen Alterswohnsitz, eine Südstaaten-Plantage, kräftig aufforstete, meinte er hierzu: “Es ist so viel Papier verschwendet worden für Fix und Foxi, jetzt kann ich davon wieder etwas zurückführen.“

Heiner Lünstedt

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Willkommen in Siegheilskirchen

Dieser vom erfahrenen spanischen Animator Santiago López Jover und dem bayerischen Regisseur Marcus H. Rosenmüller (Wer früher stirbt, ist länger tot, Beste Gegend, Trautmann) Film in Szene gesetzte Film lief in Österreich unter dem sehr viel passenderen Titel Rotzbub. In Deutschland kommt der Trickfilm jetzt als Willkommen in Siegheilskirchen in die Kinos.

Geboten wird ein faszinierender Exkurs durch die von schrillen Charakteren bevölkerte Bilderwelt von Manfred Deix. Die Produktion des Animationsfilms begann bereits 2013 und der drei Jahre später verstorbene österreichische Cartoonist war an der Konzeption beteiligt.

Die Geschichte spielt 1967 in einer österreichischen Kleinstadt, die nicht ohne Grund Siegheilskirchen heißt. Die Männer, die in dem Kaff das Sagen haben, sind Nationalsozialisten geblieben. Trotzdem eröffnet dort der Hippie Poldi das Café Espresso Jersey und mischt den kleinstädtischen Mief etwas auf.

Ein kleiner Junge, der von allen Rotzbub genannt wird und über großes Zeichentalent verfügt, bringt auf einem gewaltigen Wandgemälde den Ekel über seine Mitbürger zum Ausdruck und gewinnt das Herz des Roma-Mädchens Mariolina.

Bei einem Budget von circa sechs Millionen Euro sollte der Zuschauer keine Pixar-Qualität erwarten. Doch wer sich auf den Filmeinlässt, wird reich belohnt. Es werden nicht nur Deix-Karikaturen glaubhaft in Bewegung zu gesetzt, sondern zugleich wird auch eine ebenso komische wie anrührende Geschichte über das Erwachsenwerden erzählt.

Heiner Lünstedt

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Marvel Comics Library – Avengers

Im November 1961 startete die schier unglaubliche Erfolgsgeschichte der modernen Marvel-Comics mit einem Heldenteam, den Fantastic Four. Zwei Jahre später debütierte mit den Avengers eine noch mächtigere Gruppe von Superhelden, Deren Mitglieder Ant-Man, Hulk, Thor, Iron Man (damals noch in einer goldenen Rüstung) und The Wasp hatten zuvor bereits Einzelabenteuer bestanden.

Doch im September 1963 traten sie als The Avengers gemeinsam erfolgreich gegen Thors Halbbruder Loki an. Auf dem Cover von The Avengers # 4 war dann zu lesen “Captain America Lives Again!“ Der Marvel-Held des Zweiten Weltkriegs erlebte hier ein spektakuläres Comeback. Jack Kirby und Stan Lee ließen Captain America, nachdem er Jahrzehnte als Folge eines Flugzeugabsturzes in einem Eisblock im Atlantik eingefroren war, zum Mitglied der Avengers werden.

Dieser und viele weitere klassische Comic-Momente können dank der Marvel Comic Library noch einmal so authentisch wie möglich erlebt werden. Die klassischen Hefte aus den 60er-Jahren kommen originalgetreu zum Abdruck. Dabei wurde auf eine Neukolorierung verzichtet, sondern Taschen hat alles drangesetzt, um die Rasterpunkte der alten Farbgebung originalgetreu wiederzugeben.

Dieses Bestreben ging sogar so weit, dass für die Reproduktionen der Titelbilder und Backcover Hochglanzpapier und für die Innenseiten Offsetpapier mit matter Oberfläche verwendet wurde. Die Comics inklusive der Leserbriefe und Werbeanzeigen kommen in einem knapp 630-seitigen Hardcoverband in englischer Sprache im Format von 28 x 39,5 cm zum Abdruck, also doppelt so groß wie einst die Originale.

Das in einer Auflage von 5.000 nummerierten Exemplaren produzierte Resultat revitalisiert durch akribische Rekonstruktion den Charme der Original-Comichefte. Als Beigabe gibt es ein ausführliches Vorwort des Comicautoren Kurt Busiek (Marvels), sowie Credits mit Inhaltsangabe zu jedem der enthaltenen Hefte.

Die Interessenten für mit 150 Euro nicht ganz billige – weil aufwändig produzierte – Sammler-Ausgaben dürften durch das beständig expandierende Marvel Cinematic Universe nicht weniger werden. Daher setzt Taschen seine Marvel Comics Library mit Bänden zu Fantastic Four. Vol. 1. 1961 – 1963, Captain America und Spider-Man fort.

Heiner Lünstedt

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Alan C. Wilder Ltd. 2: Der Friedhof auf dem Hügel der Elfen

Nach dem Tode seines Vaters hat der Sohn, der ebenfalls Alan C. Wilder heißt, jene Firma übernommen, die seit Generationen „Hilfe bei übersinnlichen Phänomenen aller Art“ leistet.

Eine besondere Qualifikation für diesen Job bringt der kleine Alan dadurch mit, dass er mit dem Geist seines Vaters kommunizieren kann. Dabei findet er heraus, dass sein Papa gar nicht so traurig darüber ist, nicht mehr mit den Kunden herumärgern zu müssen und stattdessen ungestört im Familienarchiv forschen zu können.

Nachdem Alan Junior zusammen seinem Assistenten, dem Äffchen Lord Peter, bereits klären konnte, warum sich auf der Brücke der Lady Dunsford seit Jahrzehnten Hunde in den Tod stürzen, verschlägt es ihn bei seinem zweiten Fall in die schottischen Highlands. Im Auftrag des Elfen Derek William Dick soll das Duo herausfinden, warum es auf einem Friedhof plötzlich von Geistern nur so wimmelt…

Mit seiner sich nicht nur an ganz junge Leser richtenden Serie verbreitet Patrick Wirbeleit (Kiste) eine angenehm schrullige Gruselatmosphäre. Auch die wie immer sehr klaren aber auch ausdrucksstarken Bilder von Ulf K. (Neue Geschichten von Vater und Sohn) laden ein zu Exkursionen durch in eine Welt, in der das Übersinnliche erschreckend normal wirkt. Kirsche auf dem Kuchen ist auch diesmal das Cover mit Geistern, die im Dunkeln leuchten.

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Wenn der Wind weht

Jim und Hilda sind ein ganz reizendes altes Pärchen, das in netter ländlicher Umgebung ein friedliches Leben führt. Doch plötzlich erfahren sie aus dem Radio, dass ein nuklearer Krieg droht. Die beiden alten Herrschaften haben den Zweiten Weltkrieg als oftmals auch romantische Zeit noch gut in Erinnerung. Recht sorglos halten sie sich an die Anweisungen der Regierung, doch gegen die Nachwirkungen einer atomaren Explosion haben sie keinerlei Chancen…

Wenn der Wind weht

Raymond Briggs hatte sich auf nette Bilderbücher über Weihnachts- oder Schneemänner spezialisiert. Doch 1982 überraschte er mit dem Comic Strahlende Zeiten. Dieser ist genauso liebevoll wie seine Kinderbücher gezeichnet, schockiert jedoch zugleich durch die detaillierte Darstellung der Auswirkungen eines Atomkriegs auf zwei Durchschnittsbürger. Als Vorlage für Jim und Hilda, die Briggs als “naiv, aber nicht dumm“ charakterisierte, dienten dem Künstler seine eigenen Eltern, denen er später mit ein Ethel & Ernest ein ebenfalls verfilmtes Denkmal setzte.

Wenn der Wind weht

Aus Briggs Buch machte Jimmy T. Murakami (Sador – Herrscher im Weltraum) einen beeindruckenden Zeichentrickfilm, zu dem Roger Waters (Pink Floyd) und David Bowie die Musik beisteuerten. Das Resultat ist genauso anrührend ist, wie Isao Takahatas thematisch verwandtes Anime Die letzten Glühwürmchen. Die ländliche Umgebung von Jim und Hilda wurde sehr liebevoll gestaltet, teilweise kamen hierzu maßstabsgetreue Modelle der Wohnung zum Einsatz, die kunstvoll mit den animierten Figuren verknüpft wurden. Die Träume und Sehnsüchte des Pärchens wurden durch direkt aufs Papier gezeichnete oft sehr wilde Phantasien dargestellt. Es tut richtig weh dabei zuzusehen, wie diese schöne Welt scheinbar grundlos zu Grunde geht.

Dank Turbine liegt Wenn der Wind weht jetzt auch endlich in sehr guter Bildqualität auf Blu-ray vor. Im Bonusmaterial ist eine Doku enthalten, die nicht nur ebenso lang, sondern ebensp interessant wie der Hauptfilm ist. Im Zentrum steht Regisseur Jimmy T. Murakami, der genau wie George Takei (They Called Us Enemy) als Amerikaner japanischer Abstammung nach dem Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 zusammen mit seiner Familie als potentielle Spione und Attentäter verhaftet und für mehrere Jahre interniert wurde.

Diese bittere Erfahrung entfremdete Murakami von seinem Heimatland USA, auch ein Versuch in Japan Wurzeln zu finden scheiterte. Erst in Irland fand er eine Wahlheimat und privates Glück. Die beeindruckende Doku Jimmy Murakami: Non-Alien entstand 2010 und begleitet den vier Jahre später verstorbenen Regisseur auf einem Trip zum ehemaligen Lager Tule Lake, in dem er auf Schicksalsgenossen trifft und über seine verlorenen Jugendjahre spricht.

Außerdem enthält die Blu-ray zu “Wenn der Wind weht“ noch dieses Bonusmaterial: Audiokommentar mit First Assistant Editor Joe Fordham und Filmhistoriker Nick Redman (wie alle Extras wahlweise mit deutschen Untertiteln), Extratonspur mit isolierten Soundtrack und Geräuscheffekten, Dokumentation „The Wind and the Bomb“ (25:23 min), Interview mit Raymond Briggs (13:50 min), Deutscher Vorspann (4:14 min), Englische Trailer (2:07 min + 3:15 min), Japanischer Trailer (1:30 min), Wendecover

Heiner Lünstedt

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