2014 zeichnete Kate Charlesworth zusammen mit Bryan Talbot (Grandville) die vielbeachtete Graphic Novel Sally Heathcote: Suffragette, die bei uns unter dem Titel Votes for Women – Der Marsch der Suffragetten veröffentlicht wurde. Als Autorin fungierte Talbots Gattin Mary.
Kate Charlesworth ist seit den Siebzigern als Cartoonistin tätig und realisierte 2019 im Alleingang das Buch Sensible Footwear. Die Originalausgabe trägt zusätzlich noch den Untertitel A Girl’s Guide. Bei Carlsen erschien das Werk 2023 thematisch durchaus passend als United Queerdom und wird als “Graphic Memoir“ angeboten.
Doch das Buch ist sehr viel mehr als eine graphische Autobiografie. Gleichzeitig wird die Geschichte der LGBTQIA+-Bewegung erzählt. Die 1950 geborene Charlesworth beschreibt sowohl das schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter, als auch den großen und lebensgefährlichen Einsatz, den lesbische und schwule Menschen aufbringen mussten, um nach eigenen Vorstellungen leben zu können.
Ein wichtiger Aspekt ist zudem noch die Kultur. Kate Charlesworth erfuhr in ihrer Jugend durch Bücher, Filme, Theaterstücke und Berichte über gleichgeschlechtliche Beziehungen, dass es alternative Formen des Zusammenlebens gibt.
In diesem Zusammenhang beeindruckte sie die “weltläufige, witzige und überdrehte“ TV-Serie Mit Schirm, Charme und Melone, in der John Steed neben Emma Peel als perfekter Gentlemen auftrat: “Es gab kein Geknutsche (oder Schlimmeres) nur leichte Flirts“.
Charlesworth taucht dabei tief ein in die britische Kultur.. So visualisiert sie auf einer beeindruckenden Doppelseite die Begeisterung, bei einem Ziggy-Stardust-Konzert von David Bowie empfunden hat oder liefert eine Kurzfassung von The Killing of Sister George, einem 1964 entstandenen Film, der “paradoxerweise über Jahrzehnte die bekannteste (und (größtenteils falsche Darstellung von Lesbenleben und -kultur in Großbritannien“ blieb.
Hierzulande dürfte es etwas schwer nachvollziehbar sein, wenn die Autorin einige ihrer Lebensabschnitte in prächtigen Farben als angeblich verschollene komische Oper des Ende des vorletzten Jahrhunderts tätigen Kreativteams Gilbert & Sullivan in Szene setzt. Doch insgesamt funktioniert die Mischung aus liebevoll zusammengetragener Dokumentation und persönlichem Drama allerbestens.
2024 auf dem Comic Salon in Erlangen wurde United Queerdome völlig zu Recht als „Bester Sachcomic“ ausgezeichnet.
Heiner Lünstedt
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