Die anregende Lektüre des ersten Teils der von Alessandro Ferrari verfassten und von Flavia Scuderi sehr sinnlich in Szene gesetzten Biografie von Marlene Dietrich, weckte Neugierde auf einen zweiten Comic zum selben Thema.
Pünktlich zum 120. Geburtstag des Hollywoodstars veröffentlichte Knesebeck eine Graphic Novel über das bewegte Leben der Dietrich. Ich muss allerdings zugeben, dass das Werk schon eine ganze Weile ungelesen bei mir herumlag, da mir die blassen und nur sehr selten farbigen Bilder von Claudia Ahlering ein wenig den Zugang zum Comic verbaut hatten.
Doch wie so oft, wenn sich endlich einmal auf eine fremd wirkende Sache eingelassen wird, waren alle Bedenken schon nach wenigen Seiten verflogen. Eigentlich verwundert dies nicht, denn Autor ist Julian Voloj, der mit Claudia Ahlering bereits bei einer Comic-Adaption Annette von Droste-Hülshoffs Novelle Die Judenbuche zusammenarbeitete.
Voloj ist Spezialist für gut recherchierte und etwas sperrig in Szene gesetzte Comic-Biografien. Carlsen veröffentlichte seine bemerkenswerten Werke über das tragische Leben des Superman-Co-Schöpfers Joe Shuster, über den Ausnahmekünstler Jean-Michel Basquiat und den Erfolgs-Fußballer Oskar Rohr.
Ausgangspunkt des Dietrich-Comics ist ein Interview, dass ein junger Journalist mit der zurückgezogen lebenden Dietrich in ihrer Pariser Wohnung führt. Diesem etwas formelhaften Ansatz trotzt Voloj eine ziemlich großartige Schlusspointe ab. Der Comic überzeugt auch dadurch, dass Voloj gar nicht erst versucht, sämtliche Stationen eines bewegten Lebens zwischen zwei Buchdeckel zu packen.
Stattdessen konzentriert er sich auf einige “Augenblicke eines Lebens“. Dazu gehört Marlene Dietrichs ungewöhnlich vertrauensvolle Beziehung zu ihrem Ehemann Rudolf Sieber. Mit diesem blieb sie zeitlebens verheiratet, obwohl es zu Liebesbeziehungen mit Josef von Sternberg und Jean Gabin kam, die alles andere als kurze Affären waren.
Interessant ist auch, dass Marlene behauptete Einzelkind zu sein, nachdem sie herausfand, dass ihre Schwester Elisabeth Will zur Unterhaltung des Wachpersonals vom KZ Bergen-Belsen ein Kino betrieben hatte. Bemerkenswert ist auch, dass die 1960 in Berlin als “Vaterlandverräterin“ beschimpfte Dietrich in Israel als erste Künstlerin Lieder in deutscher Sprache gesungen hatte.
Abgerundet wird der Comic durch Biografien der historischen Figuren, die darin “Gastauftritte“ absolvierten und ein interessantes Nachwort von Julian Voloj über den “Mythos Marlene“.
Heiner Lünstedt
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