Simon Schwartz: Life Bizarre

Simon Schwartz (Packeis) setze seine zunächst in der Wochenzeitung Der Freitag veröffentlichte Comic-Reihe Vita Obscura ab 2019 im FAZ-Magazin fort. Hier suchte man seinerzeit einen Ersatz für die lässig hingehauenen Karikaturen des verstorbenen Modeschöpfers Karl Lagerfeld.

Schwartz zeichnete für die FAZ weitere unglaubliche Biografien im Stile jener knallbunten Sonntagsseiten, die Anfang des letzten Jahrhunderts das Medium Comic in den USA populär machten. Dass bereits mehr als 50 neue Folgen von Vita Obscura erschienen sind, war für den avant-verlag Anlass unter dem Titel Life Bizarre einen zweiten Sammelband zu veröffentlichen.

Enthalten sind wieder skurrile Lebensläufen von großen Unbekannten, die Simon Schwartz in ständig wechselnden Stilen zu Papier gebracht hat. Die Ausnahme dabei sind halbwegs bekannte Personen der Zeitgeschichte wie Ub Iwerks, der Erfinder der Micky Maus, oder der große Hoffnungsträger der Ost-SPD Ibraim Böhme, dessen wirklicher Vorname Manfred Otto lautete und der seit 1968 für die Stasi tätig war.

Die meisten der Frauen und Männer, die im Zentrum der Comics von Schwartz stehen, sind völlig unbekannt geblieben, obwohl sie beachtliche Dinge geleistet haben. So radelte der indische Maler P. K. Mahanandia mehr als 7.000 Kilometer, um in Schweden seiner großen Liebe einen Antrag zu machen. Das Paar lebt noch heute glücklich zusammen.

Doch Happy Ends sind in den Comics von Schwartz eher Mangelware. Victoria Woodhull wurde 1872 nicht US-Präsidentin, sondern landete im Knast. Die Lehrerin Annie Taylor brachte es nicht zu Wohlstand, obwohl sie sich mit 63 Jahren in einem Fass die Niagarafälle herunterstürzte. Tragisch ist auch das Schicksal der Schaufensterpuppe Cynthia, die zu einem Star im Radio, im Film und im öffentlichen Leben wurde, nachdem sie 1937 auf dem Cover des Magazins Life zu sehen war, doch in einem Schönheitssalon zu Bruch ging…

Aber auch beachtliche Leistungen in Sachen Unfähigkeit werden von Schwartz gewürdigt. So überlebte der Sonnenkönig Ludwig XIV. seine drei Leibärzte, obwohl diese ihm das Leben durch Aderlässe, das Ziehen aller Zähne sowie dem Verabreichen einer Bouillon aus Schlangenpulver, Pferdemist und Weihrauch nicht gerade versüßten.

Heiner Lünstedt

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