Punisher – Anthologie

Dieser großformatige Hardcoverband feiert auf 320 Seiten den 50. Geburtstag eines “Bestrafers und Vollstreckers“. Enthalten sind die zehn wichtigsten und besten Comics mit Marvels Punisher.

Hinzu kommen informative Texte, aus denen auch hervorgeht, warum es einige Comics, wie die Begegnungen des Punishers mit dem Barbaren Conan oder dem ewigen Teenager Archie, nicht in diese Anthologie geschafft haben,

Eröffnet wird der Comicreigen mit dem ersten Auftritt des Punishers von 1974. In The Amazing Spider-Man 129 war der schwarze Mann mit dem Totenkopf auf der Brust eigentlich nur als Handlanger des ebenfalls in diesem Heft debütierenden Schurken The Jackal vorgesehen. Doch dank des großartigen Covers von John Romita Sr. und da in Gerry Conways Story bereits zu erahnen war, dass hier eine tragische Figur debütierte, stahl der Punisher dem Schakal die Show.

Bemerkenswert ist auch der zweite Comic in diesem Band, den Dennis O’Neil 1981 für das Amazing Spider-Man Annual 15 geschrieben hatte. Die Zeichnungen stammen von keinem Geringeren als Frank Miller, der zeitgleich große Erfolge mit seinen Daredevil-Geschichten feierte. Das Resultat, in dem der Punisher gegen Dr. Octopus antritt, kann dank des großartigen Artworks von Miller und seinem Inker Klaus Janson immer noch begeistern.

Ab 1986 konnte der Punisher auch als Solo-Antiheld begeistern und agierte in realistischen Umgebungen, in denen sich Marvel-Charaktere ansonsten nur selten blicken lassen. In der Miniserie Circle of Blood, von der das erste Heft in diesem Band enthalten ist, landete Frank Castle im Knast und ließ sich dadurch in seiner Tätigkeit als Bestrafer in keinster Weise bremsen.

Noch eine ganze Ecke beeindruckender ist das erste Heft der zwei Jahre später gestarteten Serie The Punisher: War Journal. Als Zeichner kam hier der damals schon beeindruckende Jim Lee zum Einsatz, der auf 28 Seiten gleich zwei Geschichten erzählte. Im unteren Viertel der Seiten setzte Lee in grellen Farben und ohne Text die Geschichte des tragisch endenden Central-Park-Picknicks der Familie Castle in Szene.

Ein weiterer Höhepunkt ist das 1992 erschienene erste Heft der Serie The Punisher: War Zone, in dem Chuck Dixon erzählt, wie Frank Castle unter dem Tarnnamen Johnny Tower scheinbar der Mafia beitritt. Doch natürlich kocht er sein eigenes Süppchen, was den großartigen John Romita Jr. immer wieder zu dynamischen Doppelseiten zum Drehen mit durchgehenden Motiven voller Brutalität inspirierte.

Punisher kills the Marvel Universe

1996 war ein entscheidendes Jahr in der Geschichte von Marvels Bestrafer, denn Garth Ennis trat in das Leben von Frank Castle. In The Punisher kills the Marvel Universe konnte der nordirische Autor nach Herzenslust über Superhelden herfallen. Seine Comic variiert die Origin des Punishers geringfügig und bei Ennis sind es keine Gangster, sondern die gegen Aliens ankämpfenden X-Men und Avengers, die die Schuld am Tod seiner Familie tragen.

Nick Castle trifft auf eine Gruppe, deren von gut betuchte Mitglieder ebenfalls geliebte Menschen als “Kollateralschaden“ beim Einsatz von Superhelden verloren haben. Der Punisher wird mit der nötigen Feuerkraft ausgestattet, um systematisch Superhelden zu töten. Doch kurz vor Abschluss seiner blutigen Mission beginnt er am Sinn seines blutigen Treibens zu zweifeln…

Ab 2000 schrieb Garth Ennis einige der besten Storys mit dem Punisher. Neben dem kompletten 44-seitigen Comic Punisher kills the Marvel Universe, den der Brite Doug Braithwaite in recht rohen aber wirkungsvollen Bildern in Szene setzte, enthält dieser Band auch das erste Heft der von Ennis geschriebenen und von Steve Dillon gezeichneten Miniserie Welcome Back, Frank. Dies war der Startschuss zu einer Reihe von weiteren grandiosen Punisher-Comics, die immer wieder von blutigen Ernst zu wahnwitziger Brachialkomik wechselten.

Dass es neben Garth Ennis auch weitere interessante Punisher-Autoren gibt, zeigen etwas aktuellere Comics. 2011 gab Greg Rucka (Whiteout, The Old Guard) dem Italiener Marco Checcetto im einen grandios verschachtelt erzählten Serienauftakt zu einer neuen Punisher-Serie die Möglichkeit zum stimmungsvoll kolorierten Ausloten der Möglichkeiten des Medium Comic.

Dass auch Frauen etwas mit der Figur des Punishers anfangen können. bewies einmal mehr die auch als Zeichnerin tätige Autorin Becky Cloonan. Für Steve Dillon schrieb sie 2017 bereits Punisher: Operation Condor. Dieser Band enthält eine pointierte Geschichte von Cloonan für über eine gestohlene Punisher-Pistole, die Kris Anka zeichnete.

Eine Figur wie der grimmige Punisher passt nur bedingt in ein vom Disney-Konzern erworbenes Marvel-Universum, zumal sich reale Söldner und zweifelhafte Gruppierungen mit dessen Totenkopf-Emblem schmücken. Daher gab es 2022 mit der Serie Der König der Killer einen Versuch die umstrittene Figur neu zu definieren.

Jason Aaron erzählt in seinem Punisher-Neustart davon, wie Frank Castle in die Fänge des Ninja-Kults Die Hand gerät. Die Erzpriesterin dieser weltweit operierenden Organisation will den Punisher anheuern und hat als Argumentationshilfe dessen ermordete Familie revitalisiert…

Grafisch ist die Serie teilweise interessant, was weniger an den routinierten realistischen Zeichnungen von Star-Wars-Zeichner Jesús Saiz liegt. Sehr viel interessanter sind die von Paul Azaceta (Outcast) in einem völlig anderen experimentellen Stil realisierten Rückblenden, in denen Aaron interessante Details aus der Jugend von Frank Castle nachliefert. Während dieser Teil des Comics überzeugt, ist das neue mit Hörnern versehene Totenkopf-Emblem des Punishers nicht der Bringer und gehört schleunigst wieder auf Anfang gestellt.

Heiner Lünstedt

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Punisher: Mörderische Götter

Auch Paninis zweiter Band mit dem von Jason Aaron geschriebenen Punisher-Neustart wirkt zwiespältig. Doch immerhin wurde hier nicht versucht, den brutal seinen Rachefeldzug durchziehenden Marvel-Charakter Disney-kompatibel zu machen. Frank Castle, aber auch seine Gegenspieler, töten weiterhin im selben Maße, wie einst in den Comics von Garth Ennis und Steve Dillon.

Doch statt auf grimmigen Sarkasmus setzt Aaron auf Fantasy-Elemente, die nur bedingt zum zuvor eher in unserer Realität als im Marvel-Universum verankerten Punisher passen. Frank Castle muss sich weiterhin mit dem Ninja-Kults Die Hand, den einst Frank Miller für eine Daredevil-Serie erfand, herumschlagen. Der zweifelhaften Organisation ist es gelungen, die ermordete Familie des Punishers zu revitalisieren.

Wenn es nur diesen vom Star-Wars-Zeichner Jesús Saiz routiniert in realistischen Bildern in Szene gesetzten Part der Story gebe, könnte man den Neustart getrost als Blödsinn abtun. Doch in einem noch stärkeren Maße als in den ersten vier Heften arbeitete Aaron wieder teilweise ganz schön in die Tiefe gehende Rückblenden ein, die Paul Azaceta (Outcast) in einem experimentellen Stil realisiert hat.

Hier wird von einem Frank Castle erzählt, der schon als Jugendlicher Vergnügen an Gewalttaten hatte und bereits traumatisiert war, bevor seine Familie im Central Park von Gangstern ermordet wurde. Wenn hier aber auch ein Castle gezeigt wird, aus dem durch die Liebe zu seiner Frau Mary und den beiden Kindern auch ein treusorgender Vater hätte werden können, dann ist das sehr viel beeindruckender als das Ninja-Gemetzel der Haupthandlung.

Heiner Lünstedt

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