Die neuen Russen

Der Autor und Zeichner Pierre-Henry Gomont hat seine Serie bereits vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine konzipiert. Im französischen Original trägt sie den Titel Slava. Die anfangs eher heimliche Hauptfigur ist der schlaksige Slava Segalow, der es leid ist, sich in der ehemaligen Sowjetunion als Künstler durchzuschlagen.

Daher verbündet er sich mit dem windigen Geschäftsmann Dimitri Lawrin, der nicht müde wird sich selbst anzupreisen und so tut, als wenn er Connections in alle Richtungen hat. Das ungleiche Duo plündert stillgelegte Fabriken, Parteigebäude oder Datschen und verhökert alles, was ihnen in die Finger kommt.

Doch als sie in einer einst sehr produktiven Bergwerkstadt im Kaukasus auf die ebenso schöne wie energische Nina und ihren eigenwilligen Vater Wolodia treffen, bekommt Slava Skrupel. Nina und Wolodia haben sich ein gewisses Maß an sozialistischen Idealismus bewahrt. Sie hoffen die heimischen Industrieanlagen wieder in Schwung zu bringen.

Im weiteren Verlauf scheitet Dimitri dabei Kontakt zu einflussreichen Bonzen herzustellen, während sich der zuvor eher unbeholfen wirkende Slava dank seiner alten Künstlerfreunde als begnadeter Netzwerker erweist.

Pierre-Henry Gomont hat die zwischen Slapstick und Wirtschaftstheorie pendelnde Geschichte in einem sehr eigenständigen ziemlich lässigen Stil zu Papier gebracht. Das Hauptanliegen seines Comics ist darzustellen, was den Menschen in Putins Reich bereits vor dem Krieg mit der Ukraine zugemutet wurde, bzw. wie viel Aufwand am Rande der Kriminalität sie treiben mussten, um ein halbwegs erträgliches Leben zu führen.

Heiner Lünstedt

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