Auclair: Simon vom Fluss 3

Der letzte Band der Gesamtausgabe von Simon vom Fluss enthält gleich vier Alben. Nach einer zehnjährigen Pause, in denen er sich anderen Comics widmete, kehrte Claude Auclair 1988 zu seiner Erfolgsserie zurück.

Er konzentrierte sich jedoch auf das Zeichnen, denn er war es leid, von einer vom Atomkrieg verwüsteten Welt zu erzählen. Mit Alain Riondet fand Auclair einen Autor, dessen Geschichten ihn so stark faszinierten, dass er diese gerne in Szene setzte. Künftig ging es eher esoterisch statt apokalyptisch zu, und der Titelheld wurde zur Nebenfigur.

Im Album Der steinerne Kreis taucht Simon, der mittlerweile eine Familie hat, erst auf den letzten beiden Seiten der arg mystischen Geschichte auf. In Der Weg des Simorgh benimmt sich Simon seiner Frau Emeline und den beiden Töchtern gegenüber ziemlich unmöglich und flüchtet in imaginäre Welten.

Diese neue Ausrichtung der zuvor zwar bereits sehr ambitionierten, aber auch als Abenteuercomic funktionierenden, Serie verhinderte, das Simon du Fleuve weiterhin als Fortsetzung im Jugendmagazin Tintin vorabgedruckt wurde. Die letzten vier Geschichten erlebten ihre Premiere als Albumveröffentlichung.

Den durchaus krönenden Abschluss der Serie bildete der Zweiteiler Schiffsbruch, der aus den Alben Frühlingsstürme und Eine einfache Liebesgeschichte besteht. Hier gerät Simon und seine Familie mitten hinein in das komplizierte Beziehungsgeflecht einer verschworenen Küstengemeinde. Dabei kochen Emotion so hoch, dass auch ein gewaltiger Sturm sie nicht abkühlen kann…

Wer sich mit den manchmal etwas seltsamen Stories in diesem Band nicht so recht anfreunden kann, erfährt im hochinteressanten Vorwort von Patrick Gaumer, dass das Leben gelegentlich tatsächlich die besten Geschichten schreibt.

Ganz schön tragisch ist es, was Claude Auclair nach seiner Zusammenarbeit mit dem Autor Alain Deschamps erleben musste. Dieser ging vor Gericht, nachdem Auclair ohne Rücksprache einige Seiten mit Originalzeichnungen der gemeinsamen Serie Bran Ruz verkauft (aber auch verschenkt) hatte und brach einen sinnlosen Streit vom Zaun, der dem an Krebs erkrankten Zeichner nicht guttat.

Doch Gaumer erzählt auch die sehr romantische Liebesgeschichte von Auclair und seiner zweiten Frau Délia. Neben einem Comic, in dem Simon und seine Familie auf Tim, Struppi und Kapitän Haddock treffen, enthält dieser schöne Sammelband auch eine Skizze von Délia. Hierzu wird Auclair wie folgt zitiert: “Délia zu zeichnen, ist in gewisser Weise ein Akt der Liebe.“

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Auclair: Simon vom Fluss 2

Auch der zweite Band der Gesamtausgabe von Simon du Fleuve zeigt, was für eine außergewöhnliche Serie Claude Auclair Anfang der 70er-Jahre startete. Noch heute verwundert, dass das eher konservativ ausgerichtete belgische Jugend-Magazin Tintin neben Fortsetzungen von Abenteuer-Reihen wie Rick Master, Michel Vaillant oder Dan Cooper eine auch heute noch glaubhafte Dystopie veröffentlichte.

Auclair: Simon vom Fluss

Der Band startet mit dem dritten Simon-Abenteuer In den Sümpfen, das 1975 nicht in der französischen Ausgabe von Tintin veröffentlicht wurde. Grund hierfür kann eigentlich nur die sich eher an erwachsenes Publikum richtende Story sein. Diese erzählt nicht nur von Monstern und Mutanten, die Auclair angemessen gruselig darstellt, sondern ist zugleich auch eine Dreiecksgeschichte, in der sich sowohl eine alleinerziehende Einsiedler-Mutter als auch deren Tochter für Simon interessieren.

In diesem Sinne geht es im Album Die Pilger weiter, denn hier entlarvt Simon nicht nur einige Betrüger die mittels Hightech religiöse Erscheinungen vortäuschen, sondern er findet auch eine Gefährtin. Sein Verhältnis zu Emeline entwickelt sich erfreulich unkeusch, ist aber auch von Romantik erfüllt. Erstaunlich unkitschig zeigt Auclair am Anfand des Albums Zentrum 3 wie Emeline und Simon gemeinsam glücklich in ihr Lagerfeuer blicken, bevor sie danach mit dem Chaos in den Ruinen von Paris konfrontiert werden.

Für die Simon-Gesamtausgabe von Cross Cult spricht auch, dass wieder ein Dossier von Patrick Gaumer enthalten ist. Auf 44 reich illustrierten Seiten bietet dieser wieder einen sehr lebendigen Einblick in die frankobelgische Comic-Landschaft der 70er-Jahre. Höhepunkt ist Auclairs 1977 für das Science-Fiction-Magazin Univers gestaltete Shortstory Touisme. Diese besteht aus sechs ganzseitigen Illustrationen, zeigt wie ein Pärchen durch ein zerstörtes Paris wandert und hätte auch eine Sequenz aus Simon vom Fluss sein können.

Illustration aus Tourisme
Illustration aus Tourisme

Es darf sich schon auf den dritten Band dieser beeindruckend präsentierten Gesamtausgabe gefreut werden.

Heiner Lünstedt

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