Die dreijährige Wartezeit auf den zweiten Vatermilch-Band hat sich gelohnt. Weiterhin verknüpft Uli Oesterle (Hector Umbra, Kopfsachen) kunstvoll Spekulationen über das Leben seines in die Obdachlosigkeit abgetauchten Vaters mit – immer, wenn das Schwarzweiß um die Schmuckfarbe Lila ergänzt wird – Elementen aus seiner eigenen Biografie.
Der fiktive Vater heißt im Comic Rufus Himmelstoss und der ersten Band beschreibt in erster Linie den Hochmut vor dem Fall dieses einstmals erfolgreichen Handlungsreisenden in Sachen Markisen. Doch da er stärker als am Verkauf daran interessiert war, seine Kundinnen zu verführen und zudem noch im Münchner Nachtleben den dicken Maxen markierte, verschuldete er sich so stark, dass er Frau und Sohn nicht mehr ernähren konnte.
“Die Irrfahrten des Rufus Himmelstoss“, so der Titel des ersten Bandes, gipfelten in einen von der Hauptfigur verursachten Unfall mit Todesfolge und Fahrerflucht. Der Fortsetzung hat Oesterle den Titel “Unter der Oberfläche“ gegeben und er arbeitete hier auch Erlebnisse ein, die er 2016 bei einem dreitägigen “Selbstversuch“ in der Obdachlosigkeit sammelte.
Während er auf der Straße und unter den Brücken lebt, lernt Himmelstoss den ebenfalls nicht sesshaften Börni kennen, der sein Leben recht gut im Griff hat. Björni bringt Himmelstoss ins Grübeln, als er meint, dass es jedem passieren kann, dass er einen Teller runterwirft, doch wenn er die Scherben liegenlässt, dann ist es “etwas ganz anderes. Das ist schlechter Stil.“
Rufus Himmelstoss versucht daraufhin die Scherben seines Lebens einzusammeln. Er beginnt seine Exfrau finanziell zu unterstützen und versucht einen zuverlässigen Lebensabschnittspartner aufzutreiben. Auch Himmelstoss scheint etwas Lebensglück zu finden, doch seine Angebetete ist ausgerechnet eine ehemalige Polizistin, die einst gegen ihn in Sachen Fahrerflucht ermittelte…
Auch weil Uli Oesterle noch zwei weitere Vatermilch-Bände zeichnen und erzählen möchte, wird es für Rufus Himmelstoss wohl so bald kein Happy End geben. Für die Leserinnen und Leser ist dies jedoch ein Segen, denn was Oesterle auch diesmal wieder an grafischer und erzählerischer Brillanz abfeuert, ist nicht nur innerhalb der deutschsprachigen Comiclandschaft einmalig.
Heiner Lünstedt
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