Naoki Urasawa: Hatschi!

Naoki Urasawa ist in erster Linie bekannt für epische Manga-Serien wie 20th Century Boys, Monster oder Billy Bat. Doch innerhalb seiner sich oft auf über tausend Seiten erstreckenden Spannungsbögen gibt es immer wieder Kapitel, die auf eigenen Füßen stehen und zugleich auch als pointierte Kurzgeschichte funktionieren.

In der Anthologie Hatschi! erfreut Urasawa seine Fans mit höchst unterschiedlichen Short Stories. Den Abschluss des ansonsten von hinten nach vorne zu verschlingenden Buchs bildet eine Story in entgegengesetzter, also westlicher, Leserichtung.

Solo Mission entstand 2016 zum 40. Jubiläum des französischen Verlags Les Humanoïdes associés, bei dem auch das Magazin Metal Hurlant erschienen ist. Die erste Seite dieser Geschichte kann als Hommage an den Comicmeister Moebius verstanden werden.

Doch auch ein sehr japanisch anmutender Superheld, der sich mühsam in seine Rüstung zwängt, kommt zum Einsatz. Die Hauptfiguren haben zwar spitze Ohren, sind aber Individuen, die unverkennbar von Urasawa zu Papier gebracht wurden.

In diesen acht Geschichten, die zwischen 1995 und 2018 entstanden sind, widmet sich der Mangaka den Dingen, die ihm am Herzen liegen: Musik, Mystery, gewaltige Monster im Godzilla-Style und auch eine durchgehend farbige Hommage an US-Cartoons wie Tom & Jerry ist dabei.

Heiner Lünstedt

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Suzume

1999 veröffentlichte Makoto Shinkai einen fünfminütigen schwarzweißen Animationsfilm über die Beziehung einer Katze zu ihrer Besitzerin. Kanojo to Kanojo no Neko gewann zahlreiche Preise und Shinkai drehte unermüdlich immer ambitioniertere Animes. Spätestens 2016 mit Your Name. – Gestern, heute und für immer qualifizierte er sich als legitimer Nachfolger von Hayao Miyazaki.

Der bisherige Höhepunkt im Schaffen von Makoto Shinkai ist zweifelsohne Suzume. In diesem visuell und inhaltlich berauschenden Film erlebt die Titelheldin verrückte Abenteuer mit einer intriganten Katze und trifft auf einem attraktiven jungen Mann, der sich urplötzlich in Suzumes dreibeinigen gelben Kinderstuhl verwandelt. Zugleich schildert Shinkai in nicht minder atemberaubenden Bildern aber auch anhand von zahlreichen interessant charakterisierten Nebenfiguren den japanischen Alltag.

Kurz vor dem japanischen Kinostart von Suzume im November 2022 startete im japanischen Monatsmagazin Afternoon die Veröffentlichung einer Manga-Adaption des Films. Die Fortsetzungsserie lief bis Ende 2023 und erschien anschließend gebündelt in Form von drei Taschenbüchern, die bei uns von Egmont veröffentlicht werden.

Die sorgfältig ausgeführten Zeichnungen stammen von der Newcomerin Denki Amashima, der es recht gut gelingt die Handlung des Films in Comicform nachzuerzählen. Zugleich wird aber auch klar, dass es unmöglich ist, den faszinierenden Bilderwelten von Makoto Shinkai durch schwarzweiße Zeichnungen gerecht zu werden. Das wunderschön kolorierte Cover des ersten Bandes zeigt jedoch, dass Denki Amashima durchaus das Zeug dazu hätte.

Heiner Lünstedt

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Lone Wolf & Cub

Der ehemalige Samurai Ogami Ito schiebt als alleinerziehender Auftragskiller im Kinderwagen seinen kleinen Sohn Daigoro durchs Japan der Edo-Zeit und verrichtet dabei sein blutiges Geschäft. Trotz dieser originellen Ausgangsidee ist Lone Wolf & Cub alles andere als leichtverdauliche Kost.

Der Manga spielt im Japan des späten 18. Jahrhunderts und es fließen zahlreiche historische Details ein, die den meisten westlichen Lesern nicht vertraut sein dürften. Dankenswerterweise verfügt diese Ausgabe über ein Glossar, in dem die wichtigsten Begriffe erklärt werden.

Kazuo Koike, der auch die Drehbücher zu den sechs erfolgreichen Verfilmungen von Lone Wolf & Cub schrieb, schildert in meist dreißigseitigen, in sich abgeschlossenen und keiner Chronologie folgenden Episoden die Erlebnisse von Vater und Sohn.

Der Zeichner Gōseki Kojima setzte diese oft sehr blutrünstigen Geschichten von 1970 bis 1976 in einem zwischen detailreichen Realismus und kargen Impressionismus schwankenden Stil um. Noch heute beeindruckt die Inszenierung der nicht mit Gewalttätigkeiten geizenden Kampfszenen.

Panini veröffentlichte den Manga von 2003 bis 2009 in achtundzwanzig Taschenbüchern, deren Titelbilder damals aus der Feder von Frank Miller (Batman: The Dark Knight Returns) stammten. Jetzt startet Panini eine Master Edition, die aus zwölf Hardcoverbänden mit Lesebändchen besteht, die doppelt so groß und umfangreich wie die Taschenbücher sind.

Nachdem sich die Star-Wars-Serie The Mandalorian bei Lone Wolf & Cub bediente, ist es nur fair, dass die Cover der Neuausgabe diesmal von Gōseki Kojima stammen.

Heiner Lünstedt

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Naoki Urasawa: Asadora! – Band 2

Der zweite Sammelband mit den Abenteuern von Asa Asad, der neuen Serie von Naoki Urasawa (Monster, 20th Century Boys, Billy Bat) enthält die Kapitel 9 bis 16. Diese erlebten ihre Premiere 2019 im japanischen Manga-Magazin Big Comic Spirits.

Das Taschenbuch startet mit einem Prolog mit Indiana-Jones-Touch, dessen ersten Seiten sogar in Farbe zum Abdruck kommen. Hierin entdeckt eine japanische Expedition im südamerikanischen Dschungel gewaltige Krallenspuren an einem Baum.

Danach geht es weiter mit der tollkühnen Rettungsaktion der zwölfjährigen Asa. Gemeinsam mit dem auf Abwege geratenen Fliegerhelden Kasuga versorgt sie die Überlebenden eines Taifuns der 1959 in der Bucht von Ise ein Taifun tobte mit Lebensmitteln.

Dabei sichten Ise und Kasuga auch den aus dem Meer herausragenden Schwanz eines riesigen Monsters. Nach Abschluss der Rettungsmission gibt es einen Zeitsprung um fünf Jahre und die jetzt 17-jährige Asa geht zwar immer noch zur Schule führt als Kunstfliegerin aber auch Kunststücke vor.

Im weiteren Verlauf der mitreißend in Szene gesetzten und spannend erzählten Geschichte wird es neben dem geheimnisvollen Monster auch um die Olympiade gehen, die 1964 in Tokio stattgefunden hat.

Carlsen veröffentlicht die restlichen vier Bände von Asadora! im Vierteljahrestakt. Die in ihrem Entstehungsland bereits komplett erschienene Serie erzählt in 44 Kapiteln “die Lebensgeschichte einer Japanerin vom Ise-Wan-Taifun von 1959 bis in die Gegenwart 2020“.

Heiner Lünstedt

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Kia Asamiya: Batman – Child of Dreams

Bereits 1966 entstand als Nebenprodukt zur TV-Serie mit Adam West ein Batman-Manga, bei dem sich Jiro Kuwata recht viele Freiheiten im Umgang mit dem Dunklen Ritter nahm.

Sehr viel werkgetreuer aber auch ambitionierter geriet 2001 ein Batman-Comic von Kia Asamiya (Silent Möbius), der zuvor bereits Star Wars – Episode I: Die dunkle Bedrohung als Manga adaptiert hatte. Asamiyas mehr als 300 Seiten umfassendes Epos Batman: Child of Dreams kann getrost als Graphic Novel bezeichnet werden.

Hauptfigur ist die junge Japanerin Yuuko Yagi, die ihren Landsleute den Einstieg in die Welt von Batman erleichtern soll. Die Reporterin reist nach Gotham und trifft dort nicht nur auf Batman – nicht zum ersten Mal, wie im Laufe der Geschichte zu erfahren ist -, sondern auch auf einige seiner Gegner, wie natürlich den Joker.

Die zweite Hälfte der Geschichte spielt in Tokyo. Dort werden Yuuko und Bruce Wayne mit den Machenschaften des zwielichtigen Besitzers eines mächtigen Pharmakonzerns konfrontiert, der zugleich ein großer Batman-Fan ist. Auch Catwoman spielt im Finale eine große Rolle, doch vieles ist ganz anders als es anfangs wirkte…

Gleich nach der japanischen Veröffentlichung präsentierte Panini den Batman-Manga in zwei Softcover-Ausgaben und jetzt folgt eine schön aufgemachte Hardcover-Gesamtausgabe. Diese enthält neben einigen Skizzen auch ein kurzes, aber sehr aufschlussreiches Interview mit Kia Asamiya. Hier ist zu erfahren, dass dieser bevor er sich auf den Job einließ, bereits Batman-Klassiker wie The Dark Knight Returns, Year One, Arkham Asylum, The Killing Joke oder The Long Halloween kannte.

Daher ist Child of Dreams sehr viel mehr, als der Versuch im Windschatten der Kinofilme eine Handvoll Yen zu verdienen. Kia Asamiya gelang ein auch heute noch mit Gewinn zu lesender Batman-Comic mit einem interessanten Look, irgendwo zwischen Manga und Tim Burton.

Heiner Lünstedt

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Osamu Tezuka: Die Geschichte der 3 Adolfs

Während der Olympischen Spiele 1936 wird in Berlin der Bruder des japanischen Sportjournalisten Sohei Toge ermordet. Gleichzeitig wird in Kobe eine erwürgte Geisha aufgefunden. An den Händen beider Leichen befinden sich Gipsspuren. Die Morde stehen anscheinend im Zusammenhang mit einem Dokument, das beweist dass Adolf Hitler einen jüdischen Großvater hatte. Sohei Toge ermittelt auf eigene Faust und gerät dadurch in arge Schwierigkeiten.

Osamu Tezuka: Die Geschichte der 3 Adolfs

Neben dieser Haupthandlung erzählt Osamu Tezuka (Astro Boy, Kimba – Der weiße Löwe) über die Freundschaft von zwei blonden deutschstämmigen Jungen, die in Japan leben und beide den Vornamen Adolf haben. Während der eine Adolf jüdische Eltern hat, ist der andere Adolf der Sohn eines Nazi-Karrierediplomaten und einer Japanerin und wird nach Deutschland auf eine Eliteschule der Hitlerjugend geschickt. Dort wird seine Freundschaft zum anderen Adolf auf die Probe gestellt und er trifft auch noch auf den dritten Adolf.

Osamu Tezuka: Adolf Bd. 1 - Mord in Berlin

Orientiert an tatsächlichen Begebenheiten, aber trotz eingefügter Zeittafeln nie trocken, erzählt der Altmeister des Mangas 1988 eine spannende Geschichte, die in ihrer packenden Mischung aus persönlichen Schicksalen und historischen Großereignissen an Herman Wouks Feuersturm-Romane erinnert.  Der Manga geht dabei verantwortungsvoll mit der Materie um. Ähnlich wie Keiji Nakazawa Serie Barfuss durch Hiroshima arbeitet Tezuka die unverantwortliche japanische Politik der 30er-Jahre auf, die das Land an der Seite des nationalsozialistischen Deutschlands schließlich in den Zweiten Weltkrieg führte.

Osamu Tezuka: Adolf Bd. 1 - Mord in Berlin
© 2022 by Tezuka Productions / Carlsen

Nachdem die Serie bereits sehr erfolgreich in den USA veröffentlicht wurde, erschien Adolf bei uns erst 2005 mit einer Verspätung von über 20 Jahren in westlicher Leserichtung. Aktuell startete Carlsen eine Neuausgabe in drei Bänden.

Heiner Lünstedt

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