„Man nannte sie öfter einen weiblichen James Bond, aber das ist das Letzte, was sie ist. Bond ist einer der großartigen Roman-Charaktere des zwanzigsten Jahrhunderts, aber er existiert nur, während er auf Mission ist – er hat kein Heim, keine Freunde, keine Interessen.
2003 erschien ein epischer Comic, an dem Craig Thompson mehr als drei Jahre geschrieben und gezeichnet hatte. Blanketserzählt auf knapp 500 Seiten sehr sensibel und bildgewaltig davon, wie Thompson zusammen mit seinem Bruder Phil im ländlichen Wisconsin bei seinen streng religiösen Eltern aufwächst.
Am 3. Januar 2024 wäre der 1997 verstorbene André Franquin 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass erscheinen bei Carlsen einige schöne Jubiläumseditionen mit Werken des belgischen Comickünstlers. Mein persönlicher Höhepunkt war eine Deluxe-Ausgabe des 1965 im Spirou-Magazin veröffentlichten 22-seitigen Comics Die Bravo Brothers, den Franquin selbst für sein bestes Werk hält.
Bei manchem Comicschaffenden gibt es einen gewissen Futterneid auf jene Newcomer, die die letzten Semester ihres Studiums dazu nutzen durften, um als Diplomarbeit eine Graphic Novel zu erstellen. Dabei stehen die Studierenden und ihre Be- und Empfindlichkeiten häufig im Zentrum der Erzählungen. Etwas interessanter wird es, wenn der Comic von den Großeltern, Müttern oder Vätern der Kreativkraft handelt.
Es ist erstaunlich, dass den Comicschaffenden immer noch neue Ideen und Ansätze einfallen für originelle Geschichten mit omnipräsenten Figuren. In Bat-Man: First Knight geht es ganz weit zurück in die Anfangszeit des Dunklen Ritters. Doch anders als in Christopher Nolans Kino-Update Batman Begins ist dieser Comic sehr nostalgisch aber dennoch frisch und innovativ erzählt.
Mit Band 15, der die Comics Die Tochter des Vercingetorix, Asterix und der Greif und Die weiße Iris sowie den Sonderband Der Goldene Hinkelsteinenthält, wurde im April 2024 die blaue in Kunstleder gebundenen Asterix-Gesamtausgabe beendet. Da die Bände der 2013 gestarteten Reihe bereits vergriffen sind, ist es ganz gewiss keine schlechte Idee zum 65. Geburtstag des Galliers eine neue Edition herauszubringen.
Der Zeichner Ivica Astalos sorgte ab 1975 zusammen mit Chefredakteur Herbert Feuerstein dafür, dass das sich die deutsche Ausgabe des Satiremagazin MAD zeitweilig besser verkaufte als die Originalversion in den USA. Doch mittlerweile wurde MAD sowohl in den USA als auch bei uns eingestellt.
Die Autobiografie von I. Astalos kann hier direkt beim Erzeuger bestellt werden, auf Wunsch auch mit einer schönen Zeichnung wie dieser hier. Das Buch ist aber auch bei Splitter unter dem Titel MADige Zeiten: Eine satirische Autobiografie als ein um vier Seiten ergänzter doppelt so großer Hardcoverband erschienen.
Auch in ihrem nach Das gelobte Land, Ein Cowboy in Paris, Fackeln im Baumwollfeld und Rantanplans Archefünften gemeinsamen Comic haben der Zeichner Achdé und der Szenarist Julien Berjeaut alias Jul, wieder ungewöhnliche Dinge vor mit dem Cowboy, der schneller schießt als sein Schatten. In Letzte Runde für die Daltons soll er dafür sorgen, dass die verzweifelten deutschstämmigen Bewohner von Neumünchen wieder mit Bier versorgt werden.
Hierzu bricht Lucky Luke in die Brauerei-Metropole Milwaukee auf und versucht den Streik der für den Bierbaron Frederick Martz (bei dem es sich um eine Karikatur des 1836 in Thüringen geborenen US-Unternehmers Johann Gottlieb Friederich Pabst handelt) tätigen Arbeiter zu beenden. Dabei gerät der Cowboy zwischen die Fronten und Pabst sieht sich gezwungen beim Gouverneur Strafgefangene anzufordern, die für die Martz Brewing Company arbeiten sollen. Damit fangen die Probleme natürlich erst richtig an, auch weil sich unter den neuen gelbschwarz gestreifte Anzüge tragenden Mitarbeitern die Daltons befinden…
In seiner Geschichte kann sich Jul ausgiebig lustig machen, über typisch deutsche Spezialitäten wie Brezn oder Sauerkraut und über Eigenarten wie den weihnachtlichen Tannenbaum oder der Freude an pompösen Wagneropern. Witzig ist es auch, wenn ein deutscher Arzt den Namen des Cowboys mit LAKKI LACK falsch ausspricht, richtig ist natürlich LÜCKIE LÜCK. Einen Gastauftritt hat der 1885 aus der Pfalz eingewanderte Frederick Trump, der den “Pussy Saloon“ leitet und dort „junge Frauen ausbeutet“, also „kein gutes Vorbild für seine Enkel“ ist.
In Sachen Gags funktioniert das bei uns als Band 102 in den Handel kommene Album recht gut. Doch die Geschichte mit Lucky Luke als Schlichter eines Streiks will nicht so recht in die klassische Westernserie passen. Dies gilt auch für die sehr großen Panels, mit denen Achdé das gewohnte „vier Bilderzeilen pro Seite“-Schema von Morris erschreckend häufig aufbricht, möglicherweise um diese Geschichte so zeitsparend wie möglich zu Papier zu bringen.
Jul und Achdé beweisen jedoch auch, dass eine halbseitige Zeichnung eine gelungene Pointe sehr gut unterstützen kann. Auf Seite 42 dieses Albums haben sich die wieder einmal geflüchteten Dalton-Brüder in Jörg, Wilhelm, Jakob und Hänsel umbenannt. Um nicht aufzufallen haben sie sich außerdem durch Sepplhüte und Lederhosen verkleidet. In dieser Aufmachung öffnen die Flüchtigen eine Tür und landen oben auf Seite 44 in einem großen Panel mitten in einer rauschenden Feier von Luck Luke und seinen deutschstämmigen Freunden.
Wenn genau wie im Kinofilm auch im Comic die Deutschen dann auch noch (höchstwahrscheinlich Ein Jäger aus Kurpfalz) singend auf ihren Stühlen um den Tisch hoppeln, sind für mich alle Schwächen dieses Albums vergessen und große Heiterkeit macht sich breit.
Kürzlich, am 3. Januar 2024, wäre der 1997 verstorbene André Franquin 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass erschienen bei Carlsen einige schöne Jubiläumseditionen mit Werken des belgischen Comickünstlers, wie etwa den Schwarzen Gedanken, Huba! – Eine Marsupilami-Liebesgeschichte, neu zusammengestellte Geschichten mit Gaston und eine Deluxe-Ausgabe des 1965 im Spirou-Magazin veröffentlichten Comics Die Bravo Brothers, die Franquin selbst für sein bestes Werk hält.
Der All Verlag liefert noch einen sehr schönen Nachschlag, der einen Einblick in das Privatleben von Franquin ermöglicht. Da dieser aufgrund seiner zeitaufwändigen Tätigkeiten am Zeichentisch kaum Zeit dafür fand, um für Familienfeste und andere Anlässe durch die Geschäfte zu ziehen und Geschenke auszusuchen, erledigt er dies von daheim aus. Es geschah, wie seine Tochter Isabelle im Vorwort zu diesem liebevoll zusammengestellten Buch verrät, “mit Pinsel, Feder, Rotring und Kugelschreiber“, aber auch mit Aquarellfarben.
Sie schreibt außerdem: “Beginnend mit zwei einfachen und bescheidenen Gutscheinen für seine Schwiegereltern werden die Zeichnungen schnell zu kleinen grafischen und einfallsreichen Schmuckstücken.“ Das Buch enthält chronologisch geordnet mehr als 60 liebe- und kunstvoll gestaltete Glückwunschkarten, Gutscheine und Menüplatzdeckchen, die Franquin gelegentlich auch aushilfsweise für seine Tochter angefertigt hat.
Diese sind zwischen 1951 und 1990 entstanden. Beim Betrachten der Zeichnungen kann miterlebt werden, wie Franqin als Zeichner reifte und – da auch viele Eigenkarikaturen enthalten sind – sich äußerlich veränderte. Für Isabelle Franquin und wohl auch für jeden Betrachter, drücken diese großartigen Miniaturen “ebenfalls – und vor allem – die tiefe Zuneigung eines Mannes für seine Familie und seine wohlwollende Großzügigkeit aus.“
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