Marvel Comics Library – Avengers 2

Für Freunde der klassischen Marvel-Comics ist es an der Zeit sich geräumige und stabile Bücherregale zuzulegen. Die 2022 bei Taschen gestartete Marvel Comics Library wird um einen siebten wuchtigen 6 cm breiten, 40 cm hohen und knapp 6 Kilo schweren Band ergänzt.

Enthalten sind zwanzig zwischen 1965 und 1967 erschienene Comichefte mit den Avengers, die bei uns ein knappes Jahrzehnt später unter dem Titel Die Rächer an die Kioske kamen. Ein bereits veröffentlichter genauso voluminöser Sammelband von Taschen enthielt die ersten zwanzig Avengers-Hefte, in denen sich die bereits populären Marvel-Helden Hulk, Thor, Ant-Man, The Wasp und der damals noch eine goldene Rüstung tragende Iron Man zu einem Team formierten.

Innerhalb der Serie kam es immer wieder zu Umbesetzungen. So ist im Heft 21 nur noch der erst ab der vierten Ausgabe als Avenger tätige Captain America dabei und bekämpft jetzt an der Seite der ehemaligen Schurken Hawkeye, Scarlet Witch, Quicksilver und später auch Black Widow Bösewichte wie Doctor Doom.

Doch auch die Kreativkräfte der ersten Stunde wurden ausgetauscht. Der begnadete Zeichner Jack Kirby verabschiedete sich bereits in Heft 17 von den Avengers. Stan Lee hingegen arbeitete noch bis Ausgabe 35 mit an den Stories und überließ dann Roy Thomas das Texten.

Diese klassische Phase von der die Filme und TV-Serie des Marvel Cinematic Universe noch heute profitieren, veröffentlich Taschen in adäquater Form. Die Größer der Edition orientiert sich am Format der Originalzeichnungen.

Laut Taschen wurde “exklusiv für diese Serie ein spezielles Papier entwickelt, das die Haptik von Zeitungspapier und die Farbigkeit der Originalcomics wiedergibt“. Die Umschlagseiten hingegen kommen inklusive der damaligen Werbeanzeigen auf dickeren und glänzenden Papier zum Abdruck.

Hinzu kommen redaktionelle Texte von Marvel-Autor Christopher Priest, Reproduktionen von Originalartwork, sowie ein Register, das umfassend über Inhalt, Kreativkräfte und Gaststars der einzelnen Hefte informiert. Besser können klassische Comics nicht präsentiert werden.

Heiner Lünstedt

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Der Junge und der Reiher

2013 präsentierte Hayao Miyazaki mit Wie der Wind sich hebt seinen angeblich letzten Animationsfilm. In großartigen Bildern erzählte er zwei mitreißende Liebesgeschichten. Eine davon trug sich zwischen den beiden Hauptfiguren zu und außerdem verlieh Miyazaki seiner Liebe zur Fliegerei Ausdruck, während Joe Hisaishis schwelgerischer Soundtrack beides untermalte.

Wie der Wind sich hebt wurde ein großer Erfolg, doch dass Miyazaki den während des Zweiten Weltkriegs für die japanische Rüstungsindustrie arbeitenden Flugzeugkonstrukteur Jirō Horikoshi zum romantischen Helden machte, stieß auf Kritik. Dies könnte ein Grund dafür gewesen sein, dass Miyazaki zehn Jahre später einen weiteren „letzten Film“ in die Kinos brachte.

Um den Inhalt von Der Junge und der Reiher machte Miyazaki ein großes Geheimnis und als einziges Werbematerial gab es ein kryptisches Plakat mit der grob hingekritzelten Zeichnung eines Vogels, in dessen Schnabel sich ein drittes Auge befindet. Dieses rätselhafte Motiv und die Tatsache, dass Miyazaki für sein Studio Ghibli doch noch einen weiteren Film gedreht hatte, ließ die japanischen Zuschauer in die Kinos strömen.

Seltsamerweise erzählt auch Der Junge und der Reiher am Rande von der Produktion japanischer Kriegsflugzeuge, denn Shoichi Maki, der Vater des zwölfjährigen Mahito leitet eine Rüstungsfabrik auf dem Lande. Dorthin zieht Mahito, nachdem seine Mutter bei einem Brand in Tokio ums Leben gekommen ist. Zum Mißvergnügen von Mahito hat sein Vater mittlerweile Natsuko, die jüngere Schwester seiner verstorbenen Frau geheiratet.

Mahitos Zuhause befindet sich in der Nähe eines mysteriösen Turms, der ein Portal zu anderen Welten ist. Dort treibt ein sich sehr seltsamer Graureiher sein Unwesen, der auch nicht von Mahitos Seite weicht, als dieser sich auf die Suche nach der plötzlich verschwundenen hochschwangeren Natsuko macht…

Die von gestapelten Bauklötzen im Gleichgewicht gehaltene Welt im Turm ist selbst nach Miyazaki-Maßstäben außergewöhnlich seltsam. Hier gibt es riesengroße Wellensittiche und die kleinen kükenhaften Warawara, bei denen es sich um ungeborene Menschenseelen handelt. Hinzu kommt eine Feuerdämonin, die zugleich die jüngere Version von Mahitos Mutter ist.

Der Junge und der Reiher ist sehr viel ungewöhnlicher und wilder als der nur gelegentlich mit Fantasy-Einlagen garnierte Wie der Wind sich hebt. Doch gerade durch seine überraschende und unberechenbare Erzählstruktur steht der Animationsfilm sehr viel stärker in der Tradition von Miyazakis Meisterwerken Mein Nachbar Totoro und Prinzessin Mononoke.

Heiner Lünstedt

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Joann Sfar: Der Götzendiener

Mit Die Synagoge gelang Joann Sfar (Die Katze des Rabbiners) ein mitreißender autobiografischer Comic, der auch davon erzählt, wie die Rechtsradikalen in Frankreich immer salonfähiger wurden. Zentrale Figur des Comics war jedoch Sfars Vater André, der in Nizza eine erfolgreiche Anwaltskanzlei betrieb.

Im ähnlich gelagerten, mit knapp 200 Seiten noch umfangreicheren Comic Der Götzendiener spielt der Vater ebenfalls eine entscheidende Rolle. Sfar erzählt, wie er gegen dessen Widerstand dennoch eine künstlerische Laufbahn einschlug.

Doch selbst 2011, als Sfar im Alter von 40 Jahren für seinen Film Gainsbourg – Der Mann, der die Frauen liebte von der französischen Académie des Arts et Techniques du Cinéma drei Césars erhielt, verlangt sein Vater immer noch von ihm, dass er endlich seinen Abschluß an der Uni machen soll.

Ein noch wichtigeres Thema in Der Götzendiener ist, dass Sfar immer noch unter der Abwesenheit seiner Mutter leidet, die starb als er ein Kleinkind war. Weiterer rote Fäden sind Diskussionen mit Rabbinern darüber, ob Comiczeichnen trotz Bilderverbot erlaubt ist, Comics zu zeichnen., sowie Sitzungen bei einer Therapeutin, die Joann Sfar anscheinend Zeit seines Lebens analysiert hat.

Doch am Ende des Comics (Vorsicht Spoiler!) verrät Sfar der von ihm zu Papier gebrachten Psychiaterin, dass er sie ledig einige Monate im Jahre 2014 besucht hatte und für ihn mittlerweile gilt: “Zeichnen, das ist das Leben!“

Heiner Lünstedt

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Axel F. – Der Hexer von Bonn

Obwohl sich Ulrich Wick im Vorwort wieder für eine verspätetes Erscheinen entschuldigt, wie häufig das Magazin Bastei Freunde erscheint. Ebenso erstaunlich ist die Vielfalt der in den Siebzigern und Achtzigern beim Bastei Verlag veröffentlichten Comics.

Silberpfeil, Bessy, Felix, Wastl oder die Gespenster Geschichten dürften Comicfans noch halbwegs bekannt sein. Doch Wick Comics veröffentlichte in der Reihe Bastei Freunde auch Themenhefte zu Käptn Knaller, John Tornado, Stargo, Bonbon, Capitaine Apache, Tom Patapom, John Kendall und dem Titelbildkünstler Klaus Dill.

Eine Kuriosität ist auch der Bastei-Titel Axel F. – Der Hexer von Bonn. Das großartige Cover der ersten Ausgabe dieser kurzlebigen Horrorserie stammt von Ertuğrul Edirne und es ziert auch die 62. Augabe der Bastei Freunde. Der Name des Titelhelden wurde vom von Eddie Murphy gespielten Beverly Hills Cop Alex Foley alias Alex F. inspiriert. Autor der im Juni 1988 gestarteten Serie war Peter Mennigen, der zusammen mit dem Bastei-Chefredakteur Werner Geismar eine sich fortlaufend entwickelnde Geschichte mit vielen interessanten Hauptfiguren plante.

Im Zentrum steht der in einer Walpurgisnacht geborene Bonner Student Axel F. in dessen Adern Hexenblut fließt. Daher verfügt er über magische Fähigkeiten, die erst im Laufe der Serie zum Vorschein kommen sollten. Dem Verleger Gustav Lübbe gefiel jedoch die verhältnismäßig freizügige Serie überhaupt nicht, vielleicht auch wegen der lockeren Jugendsprache und weil damalige Politiker darin auftreten sollten.

Obwohl die Comics sich relativ gut verkaufte, wurde Alex F. im September 1989 nach 16 Ausgaben eingestellt. Doch dank Peter Mennigen kann Bastei Freunde nach 35 Jahren ein siebzehntes Heft mit dem Hexer von Bonn präsentieren. Der Autor verfügte noch über Fax-Ausdrucke aller 23 vom Spanier Fulgenci Cabberizo gezeichneten und bereits komplett geletterten Seiten des unveröffentlichten Hefts Die Legionen aus dem Totenreich.

Auf der Basis dieser nicht optimalen Grundlage gelang es dem Artworker Ulrich Overländer den verschollenen Comic erstaunlich gut zu rekonstruieren und zu kolorieren. Als Tüpfelchen auf dem i zeichnete Ertuğrul Edirnenoch ein neues Cover und das fertige Produkt liegt der 62. Augabe der Bastei Freunde bei!

Heiner Lünstedt

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Batman: Die drei Joker

Beim ersten Durchblättern dieser Batman-Miniserie, die jetzt auch als Gesamtausgabe vorliegt, entsteht der Eindruck, dass DC weiterhin alles dransetzt, um Alan Moore zu ärgern. Vier Jahre zuvor wurde es dem Autor Geoff Jones in Doomsday Clock erlaubt, seine Fanboy-Träume auszuleben und die Figuren aus dem Comic-Meilenstein Watchmen auf Superman, Batman & Co. treffen zu lassen. Anschließend wurde Jones auf ein weiteres Meisterwerk von Moore losgelassen.

Einmal mehr ist die Optik exquisit. Nachdem bei Doomsday Clock der Brite Gary Frank (Batman: Year One) zum Einsatz kam, sorgt jetzt der US-Amerikaner Jason Fabok für Déjàvu-Effekte. Ihm gelingen ähnlich detailverliebte Bilder wie Brian Bolland 1988 im von Alan Moore geschriebenen Batman-Comic The Killing Joke.

Batman: Die drei Joker

Bei seinem Seitenlayout verwendet Fabok fast immer neun gleichgroße Panels. Zwar arbeitete Brian Bolland nur gelegentlich so (hauptsächlich am Anfang und Ende von The Killing Joke), doch Dave Gibbons hat seine Zeichnungen bei Watchmen durchgehend in dieser Form angeordnet und natürlich auch Gary Frank bei Doomsday Clock.

Batman: Die drei Joker

Wenn Jason Fabok in Batman: Die drei Joker einige Schlüsselszene aus Killing Joke einbaut, dann wirkt dies weniger wie ein Zitat, sondern vielmehr wie durchgepauster Bolland.

Batman: Die drei Joker

Dass Geoff Jones seine Geschichte bei Alan Moore abgekupfert hat, kann nicht behauptet werden. Doch anders ist nicht immer besser. Die Originalität seiner Idee, dass es mehrere Exemplare von Batmans Erzfeind gibt, hält sich in Grenzen.

Batman: Die drei Joker

Ein ausgeklügelter Spannungsaufbau sieht anders aus, als das was Jones bei Die drei Joker abliefert. Dass er sehr viel mehr kann, zeigt allerdings der Auftakt des Comics. Hier muss Butler Alfred einmal mehr die Wunden von Batman versorgen.

Batman: Die drei Joker

Auf beeindruckend von Jason Fabok in Szene gesetzten wortlosen (und ausnahmsweise jeweils nur aus 6 Panels bestehenden) Seiten, wird gezeigt, aus welchen klassischen Kämpfen die zahlreichen Verletzungen auf dem Körper von Bruce Wayne stammen.

Batman: Die drei Joker

Doch eine weit in seiner Jugend zurückliegende Wunde ist tiefer als die anderen, lässt Geoff Jones den Leser wissen, und Jason Fabok darf einen weiteren klassischen Batman-Moment zu Papier bringen. Dabei wird ein kleiner Fanboy-(Alp-)Traum wahr. Auf knapp zwei Seiten setzt Fabok die Ermordung von Bruce Waynes Eltern so in Szene, wie Brian Bolland dies getan hätte, wenn es in Alan Moores Skript zu The Killing Jones gestanden hätte.

Batman: Die drei Joker

Nachdem Panini die Miniserie zunächst in drei großformatigen Bänden veröffentlichte, folgte eine etwas kompaktere Gesamtausgabe. Bei dieser beeindruckt das vierzigseitige Bonusmaterial, das sich mit Jason Faboks faszinierenden Titelbildern und den vielen in die Story eingearbeiteten Anspielungen auf klassische Batman-Comics beschäftigt.

Heiner Lünstedt

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LIFE. Hollywood

Ab dem 4. Januar 1883 erschien in den USA wöchentlich das Magazin Life und erfreute seine wachsende Leserschaft u. a. mit Cartoons und farbenprächtigen Illustrationen von Meistern ihres Fachs wie Norman Rockwell oder Charles Dana Gibson.

Die Wirtschaftskrise und die Konkurrenz durch Magazine wie The New Yorker oder Esquire machten Life zu schaffen. 1936 übernahm der Verleger Henry R. Luce das Magazin und fortan stand Life für hochwertigen Fotojournalismus.

Fotografen wie Robert Capa oder Gerda Taro lieferten ausführliche Reportagen mitten aus dem Spanischen Bürgerkrieg. Zeitgleich beschäftigte sich Life aber auch mit den neusten Stars und Trends aus Hollywood.

Aufwändig verwahrt in einem ebenso stabilen wie schönen Schuber präsentiert der Taschen Verlag in zwei Bänden auf 700 Seiten die Highlights aus den von 1936 bis 1972 in Life veröffentlichten Filmreportagen.

Hinzu kommen hunderte, teilweise bisher unveröffentlichte kunstvolle Porträtfotos, wie jene von Elisabeth Taylor und Marilyn Monroe, die auf den Covern der beiden im Großformat 26,5 x 30 cm veröffentlichten Bänden zu sehen sind.

in exzellenter Druckqualität kommen Reportagen zum Abdruck, die durch ihre opulente Bebilderung seinerzeit Appetit machten auf kommende Blockbuster wie Alfred Hitchcocks Im Schatten des Zweifels (1943), African Queen (1951), Guys and Dolls (1955), Die zehn Gebote (1956), Porgy und Bess (1959) und Der Pate (1972).

Enthalten sind auch Homestories (z. B. über Sophia Loren und Carlo Ponti), Backstagefotos, ein Bericht über das sowjetische Kino, sowie – unter dem Motto “Dustin and the Duke: A Choice of Heroes“ – eine Gegenüberstellung der Starqualitäten von John Wayne und Dustin Hoffman.

Den Abschluss bildet eine Übersicht über die Geschichte von Life, die sich nicht nur auf Hollywood-Themen konzentriert, sondern auch davon berichtet, dass ein 1938 veröffentlichte Fotobericht zum Film The Birth of a Baby zu heftigen Kontroversen führte.

Die liebevoll aufgemachte Edition ermöglicht eine spannende und prächtig bebilderte Zeitreise durch die glorreichste Zeit des US-Kinos.

Heiner Lünstedt

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Kate Charlesworth: United Queerdom

2014 zeichnete Kate Charlesworth zusammen mit Bryan Talbot (Grandville) die vielbeachtete Graphic Novel Sally Heathcote: Suffragette, die bei uns unter dem Titel Votes for Women – Der Marsch der Suffragetten veröffentlicht wurde. Als Autorin fungierte Talbots Gattin Mary.

Kate Charlesworth ist seit den Siebzigern als Cartoonistin tätig und realisierte 2019 im Alleingang das Buch Sensible Footwear. Die Originalausgabe trägt zusätzlich noch den Untertitel A Girl’s Guide. Bei Carlsen erschien das Werk 2023 thematisch durchaus passend als United Queerdom und wird als “Graphic Memoir“ angeboten.

Doch das Buch ist sehr viel mehr als eine graphische Autobiografie. Gleichzeitig wird die Geschichte der LGBTQIA+-Bewegung erzählt. Die 1950 geborene Charlesworth beschreibt sowohl das schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter, als auch den großen und lebensgefährlichen Einsatz, den lesbische und schwule Menschen aufbringen mussten, um nach eigenen Vorstellungen leben zu können.

 

Ein wichtiger Aspekt ist zudem noch die Kultur. Kate Charlesworth erfuhr in ihrer Jugend durch Bücher, Filme, Theaterstücke und Berichte über gleichgeschlechtliche Beziehungen, dass es alternative Formen des Zusammenlebens gibt.

In diesem Zusammenhang beeindruckte sie die “weltläufige, witzige und überdrehte“ TV-Serie Mit Schirm, Charme und Melone, in der John Steed neben Emma Peel als perfekter Gentlemen auftrat: “Es gab kein Geknutsche (oder Schlimmeres) nur leichte Flirts“.

Charlesworth taucht dabei tief ein in die britische Kultur.. So visualisiert sie auf einer beeindruckenden Doppelseite die Begeisterung, bei einem Ziggy-Stardust-Konzert von David Bowie empfunden hat oder liefert eine Kurzfassung von The Killing of Sister George, einem 1964 entstandenen Film, der “paradoxerweise über Jahrzehnte die bekannteste (und (größtenteils falsche Darstellung von Lesbenleben und -kultur in Großbritannien“ blieb.

Hierzulande dürfte es etwas schwer nachvollziehbar sein, wenn die Autorin einige ihrer Lebensabschnitte in prächtigen Farben als angeblich verschollene komische Oper des Ende des vorletzten Jahrhunderts tätigen Kreativteams Gilbert & Sullivan in Szene setzt. Doch insgesamt funktioniert die Mischung aus liebevoll zusammengetragener Dokumentation und persönlichem Drama allerbestens.

2024 auf dem Comic Salon in Erlangen wurde United Queerdome völlig zu Recht als „Bester Sachcomic“ ausgezeichnet.

Heiner Lünstedt

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Frank Frazetta: Death Dealer

1973 schuf Frank Frazetta – wie immer mit relativ wenigen Pinselstrichen, viel Raum für die Fantasie des Betrachters und vor düstererem Hintergrund – mit Death Dealer sein wohl einflussreichstes Gemälde.

Das an einem einzigen Tag entstandene Ölbild vom hoch zu Ross sitzenden behelmten Krieger mit der Streitaxt zierte das Plattencover des ersten Albums der Band Molly Hatched. Das Motiv wurde sehr populär, öffnete Frazetta die Tore zur Kunstszene und er fertigte fünf weitere Gemälde mit der Figur des Death Dealers an.

Frank Frazetta: Death Dealer

Es entstanden außerdem eine vierteilige Death Dealer-Roman-Reihe, Skulpturen mit der Figur und das Plakat zu Ralph Bakshis in Zusammenarbeit mit Frazetta entstandenen Zeichentrickfilm Feuer und Eis zierte ebenfalls der düstere Reiter. 1995 schrieb der Musiker Glenn Danzig eine vierteilige Death Dealer-Comicreihe, die u. a. von Simon Bisley illustriert und bei uns im Verlag EEE veröffentlicht wurde.

Frank Frazetta: Death Dealer

2007 startete Image Comics eine Miniserie, in der der Death Dealer in der Fantasy-Welt von Mirahan sein Unwesen treibt. Er metzelt die Krieger von zwei gegnerischen Heeren nieder und sorgt so kurzfristig für Frieden. Über die Herkunft des schwarzen Reiters ist (natürlich) nichts zu erfahren und die Figur bleibt weiterhin geheimnisvoll.

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Der Comic dürfte Fantasy-Freunden gefallen und der Sammelband von Panini überzeugt durch exquisites Bonusmaterial, wie eine Galerie mit Frazettas Death Dealer-Gemälden oder einen Artikel von Frank Frazetta jr.. Hier gibt es einen sehr lebendigen Einblick in die zeitsparende Arbeitsweise des Künstlers, der seine Ölbilder zum Einhalten des Abgabetermins auch schon mal im Herd der heimischen Küche trocknen ließ.

Auch die 2022 in den USA bei Opus Comics gestartete und bei uns von Cross Cult veröffentlichte Death Dealer-Serie, greift bei den Covern auf Motive von Frank Frazetta zurück. Das zugehörige u. a. von Stefano Martino erstellte Comic-Artwork hingegen bietet lediglich solide Fantasy-Kost.

Etwas mehr Frazetta-Touch gibt es auf den Cross Cult-Bänden enthaltenen Variantcovern von Künstlern wie Gabriele Dell’Otto, David Mack, Frank Cho und vor allem Bill Sienkiewicz zu bestaunen.

Cover von Bill Sienkiewicz

Es sei jedoch angemerkt, dass auch Frank Frazetta nie versucht hat, einen Comic im Stil seiner großartigen Gemälde zu zeichnen (siehe White Indian).

Heiner Lünstedt

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Karl-May-Filmbildgeschichten aus Micky Maus und Mickyvision

Das Interesse an den im ehemaligen Jugoslawien und in bundesdeutschen Studios gedrehten Karl-May-Filmen ist ungebrochen. Dies belegt die  Tatsache, dass vom reichbebilderten Prachtband Winnetou 1. Teil: Das Drehbuch und sein Weg auf die Leinwand bereits kurze Zeit nach der Erstveröffentlichung eine zweite Auflage erschienen ist.

Doch auch die Backlist des Karl-May-Verlag kann sich sehen lassen. So kamen dort 2015 in einem bereits lange vergriffenen und hoch gehandelten Buch alle Karl-May-Filmbildgeschichten aus den Zeitschriften Bild und Funk und Bunte zum Abdruck.

Kurz danach erschien ein Bildband, der die Fans von nostalgischen Comics erfreuen dürfte. Der Ehapa Verlag setzte in den Sechzigern ebenfalls auf Fotoromane mit Standbildern aus den Karl-May-Filmen. Diese wurden in den Comicheften der Reihen Micky Maus und Mickyvision veröffentlicht.

Aus Bild und Funk Nr. 45/1962

Während in Bild und Funk und Bunte pro Ausgabe nur jeweils eine Seite abgedruckt wurde, waren in den Comicheften die Fotostrecken sehr viel umfangreicher. Bereits 1963 erschien in der Micky Maus auf zwei Seiten der reichbebilderte Bericht Winnetou in Jugoslawien.

Ein Jahr später startete in Heft 42 eine 22-teilige Filmbildgeschichte zum damals aktuellen Film Der Schut. Im Vorwort schreibt Michael Petzel, dass diese auf Karl Mays Romanen des Orientzyklus basierende Produktion (auch mangels Pierre Brice) “nicht unbedingt zu den zugkräftigsten Karl-May-Titeln gehörte“.

In Micky Maus startete 1965 ein Fotoroman zu Winnetou 3. Teil und anschließend veröffentlichte Mickyvision bis 1967 Bildergeschichten zu Old Surehand, Winnetou und das Halbblut Apanatschi, sowie zu Winnetou und sein Freund Old Firehand, dem vorletzten großen Kinofilm, der nach Motiven von Karl May entstanden ist.

Dieses Buch enthält auf 400 Seiten alle Filmbildgeschichten aus den Comicreihen. Es ist etwas schade, dass nicht alle Titelbilder der zugehörigen Ehapa-Hefte zum Abdruck kommen, sondern nur jene Cover, auf denen auch Filmfotos zu sehen sind.

Doch es ist sehr erfreulich, dass zusätzlich noch die in Mickyvision veröffentlichten Filmberichte zu Der Schatz der Azteken und zu Der Ölprinz enthalten sind.

Heiner Lünstedt

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Stolz und Vorurteil – Graphic Novel

Jane Austens 1813 anonym veröffentlichter Roman Pride and Prejudice wird immer wieder gerne adaptiert, egal ob mit Keira Knightley, mit Micky Maus, mit Colin Firth in engen Unterhosen oder mit Zombies. Da verwundert es fast schon, dass der Klassiker erst jetzt zu einer Grapic Novel verarbeitet wurde.

Elisabeth Bennet hat vier Schwestern und wird von allen Lizzie genannt. Ihre Mutter ist allzu sehr darum bemüht ihren Töchtern möglichst wohlhabende Ehemänner zu besorgen, doch die selbstbewusste Lizzie hat ihre eigenen Vorstellungen und zu allem eine eigene Meinung. Doch immer wieder läuft ihr ein gewisser ziemlich stocksteifer Mr. Darcy über den Weg und Lizzie weißt nicht ob sie diesen Menschen hassen oder lieben soll.

Auf 250 Comicseiten gelang es der auch als Dramaturgin und Lektorin tätigen Claudia Kühn den zahlreichen Charakteren, Situationen und zitierwürdigen Dialogen gerecht zu werden. Sie verteilt die Handlung auf die vier Jahreszeiten und stellt jedem Kapitel ein aussagekräftiges Austen-Zitat voran: “Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle in Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.“

Tara Spruit findet für die Adaption durchgehend die richtigen Bilder und Farben. Wie der Anhang des Buchs beweist hat sich die Niederländerin nicht nur erfolgreich darum bemüht die passenden Gesichtsformen für die Hauptfiguren zu finden, sondern hat sich auch große Mühe bei den Kostümen gegeben. Das Resultat wird der Romanvorlage gerecht und zwingt daher zu einer sehr hohen Lesegeschwindigkeit.

Heiner Lünstedt

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