Marvel Comics Library – Spider-Man 2

Nachdem Taschen im ersten Band seiner pompös aufgemachten Reihe Marvel Comics Library die erste Hälfte der legendären Spider-Man-Hefte Stan Lee und Steve Ditko präsentierte, folgt jetzt der Abschluss dieser kurzen aber fruchtbaren Zusammenarbeit. Genau wie zuvor bereits bei den Fantastic Four und danach bei zahlreichen weiteren Marvel-Klassikern, wie den Avengers oder den X-Men, war beim Spinnenmenschen ebenfalls Jack Kirby als Zeichner vorgesehen.

Von diesem stammt auch das legendäre Cover des Heftes Amazing Fantasy 15, in dem Spider-Man seinen ersten Auftritt hatte. Doch die darin enthaltene Geschichte, die auf elf Seiten erzählte, wie der Schüler Peter Parker zu seinen Superkräfte kam, zeichnete Steve Ditko. Stan Lee hielt ihn für besser geeignet, als den auf überlebensgroße Helden und Schurken spezialisierten Kirby, um die Erlebnisse eines kontaktscheuen Schülers in Szene zu setzen, der plötzlich ebenso große Macht wie Verantwortung hat.

Der gewaltige Erfolg von Spider-Man gab Lee recht. Doch nach 38 Heften mochte Ditko nicht mehr. Warum er aufhörte Spider-Man zu zeichnen, wird wohl für immer eins der größten Mysterien der Comicbranche bleiben. Auch später als er in Credits von Blockbustern gemeinsam mit Stan Lee als Schöpfer von Spider-Man genannt wurde, ließ sich Ditko nicht zu Interviews oder Statements bewegen.

Taschen hat auch für diese 620-seitige Edition alles drangesetzt, um die Comichefte so originalgetreu wie möglich abzudrucken. Für die Reproduktionen der Cover und Backcover wurde Hochglanzpapier und für die Innenseiten Offsetpapier mit matter Oberfläche verwendet. Auf diese Weise kommen die Comics – inklusive der Leserbriefe und Werbeanzeigen – in einem Hardcoverband in englischer Sprache im Format von 28 x 39,5 cm zum Abdruck, also doppelt so groß wie einst die Originalhefte. Als Beigabe gibt es eine Übersicht mit Inhaltsangaben, sowie Hinweise auf die Besonderheiten der enthaltenen Ausgaben. Hierbei handelt es sich um die 1965 und 1966 erschienenen Hefte 20 bis 38, sowie das Spider-Man Annual No. 2.

Bemerkenswert an diesem Band ist, dass der prominent angekündigte Vorwortschreiber diesmal nicht nur zwei Seiten mit persönlichen Erinnerungen gefüllt hat, sondern auch fachlich einiges geliefert hat. Jonathan Ross ist eine der interessanten Persönlichkeiten in der britischen Entertainment-Branche. Ich hatte das große Glück ihn einige Male als Moderator auf dem San Diego Comic Con zu erleben und war von seiner verbalen Brillanz, seiner Schlagfertigkeit und seiner jederzeit spürbaren Liebe zur Trivialkultur beeindruckt. Außerdem besitzt Ross eine der größten Comic-Sammlungen der Welt und hat die Superheldenparodie America’s got Talent geschrieben. Diesen Prachtband garniert Ross auf zwölf Seiten mit einer ebenso fundierten wie pointierten Einleitung.

Die Ditko-Nachfolge trat übrigens John Romita Sr. an, dessen großartigen Spider-Man-Comics hoffentlich auch bald in einer Ausgabe der Marvel Comic Library zu bestaunen sein werden.

Heiner Lünstedt

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Marvel Comics Library – Fantastic Four

Es ist schon erstaunlich, was da Ende 1961 für ein Comicheft an die US-Zeitungskioske geliefert wurde. Das Cover zeigte die vier Titelhelden im Einsatz gegen ein grünes Riesenwesen, das sich durch die Asphaltdecke einer New Yorker Straße gebohrt hatte.

Erzählt wurde davon, wie es Dr. Reed Richards gelungen ist, mit eine qualmenden Signalpistole von einem Hochhaus aus The Fantastic Four mit drei riesigen Lettern in den Himmel zu schreiben. Prompt wird Susan Storm unsichtbar, Ben Grimm kommt als orangenes Steinwesen unter seinem Mantel hervor und Susans Bruder Johnny fackelt auch nicht lange.

Als sich die fantastischen Vier nach acht Comicseiten endlich formiert haben, gibt es erst einmal eine Rückblende. Diese erzählt davon, wie das quirlige Quartett wagemutig in eine Rakete stürmt und sich ins All befördern lässt, bevor “die Russen die ersten“ sind. Doch tückische kosmische Strahlung verwandelt die Truppe quasi in Feuer, Luft, Erde und – naja – Wasser, man bedenke die fließenden Bewegungen von Reed Richards als elastischer Mr. Fantastic.

Nachdem nun also die Entstehungsgeschichte klargestellt wurde, geht es mit vereinten Kräften gegen ein riesiges aus der Tiefe kommendes Monstrum, das Moleman – bei dem es, wie wir später erfahren, um den frustrierten Nukleartechniker Harvey Rupert Elder handelt – zusammen mit weiteren Ungetümen auf die Menschheit gehetzt hat…

Die Story dieser Wundertüte von einem Comic hat Stan Lee mit einer immer noch völlig geklärten Methode dem Zeichner Jack Kirby übermittelt und diesen dadurch zu fünfundzwanzig ebenso wild wie wuchtig in Szene gesetzte Comicseiten angestiftet. Fortan war nicht mehr DC mit Superman und Batman der Platzhirsch in der Superhelden-Wildnis, sondern Kirby und Lee produzierten in dichter Folge weitere Knaller wie den Hulk, Thor, den Silver Surver oder die X-Men.

Nachdem Taschen bereits die ersten Comicauftritte von Spider-Man und den Avengers mit überformatigen Büchern abgefeiert hat, folgt jetzt eine nah an den Originalheften orientierte Veröffentlichung jener Comics, die das Fundament von Marvel bilden. Ein 700-seitiger Band enthält Reproduktionen von sehr gut erhaltenen Exemplaren der ersten zwanzig Fantastic-Four-Ausgaben. Dabei wurde wieder alles drangesetzt, um die Rasterpunkte der alten Farbgebung originalgetreu wiederzugeben.

Dieses Bestreben ging sogar so weit, dass für den Abdruck der Titelbilder und Backcover Hochglanzpapier und für die Innenseiten Offsetpapier mit matter Oberfläche verwendet wurde. Die Comics, inklusive der ebenfalls recht amüsanten Leserbriefseiten und Werbeanzeigen, kommen in englischer Sprache im Format von 28 x 39,5 cm zum Abdruck, also doppelt so groß wie einst die Originale.

Deutscher Reprint von 1999

Beim Betrachten dieser Seiten wird klar, wie nachlässig diese Comic-Meilensteine bisher in Neuauflagen präsentiert wurden. So ist auf dem Cover eines bei uns 1999 von Marvel Deutschland herausgegebenen Reprints von Fantastic Four # 1 der Schriftzug des Titels schwarz statt knallrot, ein Polizist wurde einfach weggelassen und die neue Farbgebung ist im Vergleich zum Original eine Frechheit. Erst diese liebevoll aufgemachte Edition ermöglicht es, nachzuvollziehen, warum es ohne diese knallbunten Seiten kein Marvel Cinematic Universe gegeben hätte.

Heiner Lünstedt

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Marvel Comics Library – Avengers

Im November 1961 startete die schier unglaubliche Erfolgsgeschichte der modernen Marvel-Comics mit einem Heldenteam, den Fantastic Four. Zwei Jahre später debütierte mit den Avengers eine noch mächtigere Gruppe von Superhelden, Deren Mitglieder Ant-Man, Hulk, Thor, Iron Man (damals noch in einer goldenen Rüstung) und The Wasp hatten zuvor bereits Einzelabenteuer bestanden.

Doch im September 1963 traten sie als The Avengers gemeinsam erfolgreich gegen Thors Halbbruder Loki an. Auf dem Cover von The Avengers # 4 war dann zu lesen “Captain America Lives Again!“ Der Marvel-Held des Zweiten Weltkriegs erlebte hier ein spektakuläres Comeback. Jack Kirby und Stan Lee ließen Captain America, nachdem er Jahrzehnte als Folge eines Flugzeugabsturzes in einem Eisblock im Atlantik eingefroren war, zum Mitglied der Avengers werden.

Dieser und viele weitere klassische Comic-Momente können dank der Marvel Comic Library noch einmal so authentisch wie möglich erlebt werden. Die klassischen Hefte aus den 60er-Jahren kommen originalgetreu zum Abdruck. Dabei wurde auf eine Neukolorierung verzichtet, sondern Taschen hat alles drangesetzt, um die Rasterpunkte der alten Farbgebung originalgetreu wiederzugeben.

Dieses Bestreben ging sogar so weit, dass für die Reproduktionen der Titelbilder und Backcover Hochglanzpapier und für die Innenseiten Offsetpapier mit matter Oberfläche verwendet wurde. Die Comics inklusive der Leserbriefe und Werbeanzeigen kommen in einem knapp 630-seitigen Hardcoverband in englischer Sprache im Format von 28 x 39,5 cm zum Abdruck, also doppelt so groß wie einst die Originale.

Das in einer Auflage von 5.000 nummerierten Exemplaren produzierte Resultat revitalisiert durch akribische Rekonstruktion den Charme der Original-Comichefte. Als Beigabe gibt es ein ausführliches Vorwort des Comicautoren Kurt Busiek (Marvels), sowie Credits mit Inhaltsangabe zu jedem der enthaltenen Hefte.

Die Interessenten für mit 150 Euro nicht ganz billige – weil aufwändig produzierte – Sammler-Ausgaben dürften durch das beständig expandierende Marvel Cinematic Universe nicht weniger werden. Daher setzt Taschen seine Marvel Comics Library mit Bänden zu Fantastic Four. Vol. 1. 1961 – 1963, Captain America und Spider-Man fort.

Heiner Lünstedt

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Blonde Phantom – Perlen der Comicgeschichte

Die Reihe Perlen der Comicgeschichte des Bildschriften Verlags wächst um einen weiteren sachkundig kommentierten Hardcover-Band. Einmal mehr wird eine kommerziell ausgerichtete Serie präsentiert, die zwar “ernst“ gemeinter Mainstream sein sollte, doch im Eifer des Produktionsdrucks blieb die Logik auf der Strecke.

Blonde Phantom entstand 1946 beim Verlag Timely der kurz darauf in Marvel umbenannt werden sollte. Seinerzeit war dort bereits Stan Lee tätig, der die Serie redaktionell betreute. Schrille Schurken und vollmundige Ankündigungstexte lassen vermuten, dass die Marvel-Ikone so manche der Stories mit Blonde Phantom zu verantworten hatte.

Hauptfigur ist die eher unscheinbare Louise Grant, die als Sekretärin des nicht allzu fähigen Detektivs Mark Mason arbeitet. Sie ist heimlich in ihren Chef verliebt und hilft ihm als Blonde Phantom immer wieder bei seinen Ermittlungen. Neben einer schwarzen Maske trägt Louise als Verkleidung ein knallrotes bauchfreies Abendkleid mit Beinschlitzen. Somit wird hier weniger das Superhelden-Genre bedient als vielmehr “Good Girl Art“ geliefert.

Passend dazu überzeugen in den in diesem Band zum ersten Mal auf Deutsch veröffentlichten Comics sehr viel stärker die erotisch aufgeladenen Zeichnungen als die Geschichten. Diese handeln etwa von einem in Blonde Phantom verliebten Wissenschaftler Ignatius Fowler, der seine Nebenbuhler – also alle Männer – in Tiefschlaf versetzt.

Sehr schön ist auch die Story über einem Schurken, der genau wie etwas später der erste Gegenspieler der Fantastic Four “Der Maulwurf“ heißt. Als dieser im Knast landet, flieht er gleich mit der gesamten Haftanstalt in Richtung Erdinneres. Hinzu kommt eine wirre Zeitreise und ein Auftritt von Frankensteins Monster. Fanboy, was willst Du mehr?

Heiner Lünstedt

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